Die Stunde der wahren Empfindung – Peter Handke

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    Verlag: Suhrkamp, 1975

    167 Seiten


    Kurzbeschreibung:

    Obwohl er alles Altbekannte mit Ekel und Überdruss abgetan hat und sich keine Zukunft mehr vorstellen kann, nimmt Gregor Keuschnig, Pressereferent der österreichischen Botschaft in Paris, angesichts der unabsehbar drohenden Vereinzelung seine gewohnten Kontakte auf. Er sieht mit Erleichterung und Bedauern zu, wie seine Frau abreist, und ist berührt von dem Satz, den sie ihm auf einem Zettel hinterlässt: »Erwarte nicht von mir, dass ich dir den Sinn deines Lebens liefere.« Keuschnig begreift, dass es auch für sein Leben kein intaktes System mehr geben würde. In der »Stunde der wahren Empfindung« erkennt Keuschnig sich auf neue und befreite Weise identisch mit sich selbst, fähig zu authentischen Erfahrungen. Nachdem sein Kind von einem Spielplatz entführt worden ist und er in seinem Schrecken und seiner Ohnmacht beschließt, nicht mehr weiterzuleben, erlebt er plötzlich, wie seine »lange Gleichgültigkeit« abgelöst wird von einer »süßen Teilnahme«.


    Über den Autor:

    Peter Handke, geboren 1942 in Griffen, Kärnten, lebt in der Nähe von Paris.

    Zuletzt erschien von ihm der Roman Die Obstdiebin.


    Mein Eindruck:

    Dieser Roman von 1974 hat einen sprechenden Titel, es ist ein ungewöhnliches Buch. Sowohl eine Trennungs- und Erneuerungsgeschichte als auch ein Buch über die Wahrnehmung.


    Davon zeugt ein Satz auf Seite 161: „Wie mißmutig hatte er angefangen, wahrzunehmen – und konnte nun nicht mehr aufhören.“


    Hinzu kommen viele Traumszenen.


    Der Protagonist ist Gregor Keuschnig, ein Österreicher in Paris, der dort für die Botschaft arbeitet. Handke lebte schon damals in Paris und so wird es ganz und gar ein Paris-Roman, bei dem viele Lokationen benannt werden, als Keuschnig Paris durchstreift.

    Keuschnig wacht eines morgens mit einem Ekel auf. Er fühlt sich wie der andere berühmte Gregor aus der Literaturgeschichte, Gregor Samsa aus Kafkas Verwandlung. Anscheinend gibt es auch Anlehnungen an Motive von Sartres Der Ekel.

    Keuschnig ist von seiner Frau verlassen worden. Es bleibt die Notiz: „Erwarte nicht von mir, daß ich dir den Sinn deines Lebens liefere!“.

    Die darauffolgenden Passagen Keuschnigs alleine mit seiner kleinen Tochter Agnes erinnern an das spätere Buch „Kindergeschichte“ und sind gut gemacht. Aber dann verschwindet Agnes plötzlich spurlos und Keuschnig fällt völlig aus der Welt.


    Zuerst war ich von der gestelzt wirkenden Romankonstruktion nicht sehr angetan, aber das letzte Drittel des Romans überzeugte mich.


    ASIN/ISBN: 3518030299