ASIN/ISBN: 3742307924 |
Christian Koch, Axel Krohn: Unsere unbekannten Nachbarn: Das wundersame Leben der Tiere in der Stadt, München 2019, riva-Verlag, ISBN 978-3-7423-0792-7, Hardcover, 256 Seiten mit zahlreichen Farbfotos, Format: 15,4 x 2,2 x 21,6 cm, Kindle: EUR 15,99, Buch: EUR 19,99.
„Der Biologe Christian Koch und der Bestsellerautor Axel Krohn haben sich auf einen Streifzug durch unsere Städte begeben und sind allerlei Tieren mit verblüffenden Fähigkeiten begegnet. In diesem Buch erzählen sie kenntnisreich und unterhaltsam von den genialen Tricks und Ideen, mit denen sich die Tiere an ihren Lebensraum angepasst haben.“ (Klappentext)
Wenn man Tiere und ihre staunenswerten Verhaltensweisen kennenlernen will, braucht man nicht unbedingt in ferne Länder zu reisen. Man muss sich nicht einmal eine aufwändig produzierte Tier-Doku im Fernsehen ansehen. Die Autoren dieses Buchs nehmen uns mit auf eine Entdeckungsreise durch unsere Gärten und Parks und zeigen uns, welche Wildtiere sich heutzutage im städtischen Ballungsraum tummeln. Es ist ebenso faszinierend wie verblüffend zu sehen, wie sich die einzelnen Arten an den urbanen Lebensraum angepasst haben.
Pendelnde Dachse und langlebige Nager
Wenn sich ein Steinmarder in den Kopf gesetzt hat, im Dachgeschoss eines Hauses einzuziehen, hält ihn die stärkste Dämmung nicht auf. Der „Dachschaden“ ist vorprogrammiert. Hat er sich den Motorraum eines Autos als kuschelig warmes Versteck ausgeguckt, haben wir Menschen ebenfalls verloren. Und wehe, wir fahren mit „seinem“ PKW weg und bringen diesen mit fremden Gerüchen behaftet wieder in sein Revier. Dann ist aber was los!
Polstern Stadtvögel ihre Nester eigentlich aus Gründen der Flauschigkeit mit zerrupften Zigarettenfiltern aus oder haben sie gelernt, dass die Nikotinreste darin Parasiten fernhalten? – Wer hätte gedacht, dass Dachse regelrecht „zur Arbeit“ in die Stadt hineinpendeln? Nachts räumen sie dort die Mülleimer aus und suchen darin nach Futter, und „nach Feierabend“ geht’s wieder zurück in den Dachsbau irgendwo im Grünen.
Was läuft bei Schwänen schief, die Tretboote statt Artgenossen anbalzen? Warum zerhämmern Spechte mit Begeisterung Fassadendämmungen, obwohl sie dort doch gar nichts Fressbares finden? Wieso stellen LED-Lampen für Zwergfledermäuse ein Problem dar? Und wie kommt der Wanderfalke auf die Idee, ausgerechnet in Kirchtürmen zu brüten? Was ist das Geheimnis der Langlebigkeit der Siebenschläfer? Immerhin wird er dreimal so alt wie andere Nager.
Rekordverdächtige Maulwürfe und explodierende Kröten
Bis zu 30 kg an Regenwürmern, Schnecken und Engerlingen kann ein 100 g schwerer Maulwurf im Lauf eines Jahres vertilgen – und bis zu 100 m lange Tunnel innerhalb eines Tages graben. Durch seine Buddelei macht er sich bei Gartenfreunden unbeliebt und manch einer wird verfluchen, dass die Tiere unter Naturschutz stehen. Übrigens: das Platttreten von Maulwurfshügeln nutzt uns Menschen gar nichts …
Es ist schon recht eindrucksvoll, wenn ein Graureiher still wie eine Statue auf einem Bein steht. Warum er das macht, erfahren wir hier. Auch wenn er sehr dekorativ ist, ist er in der Nähe von Zierteichen und Flughäfen nicht gerne gesehen – aus guten Gründen.
Was hatte es mit der mysteriösen „Hamburger Krötenexplosion“ von 2005 auf sich? Warum lösen Igel immer wieder Polizeieinsätze aus? Wieso wackeln Tauben beim Gehen mit dem Kopf? Wie finden Stadtvögel überhaupt noch ein*en Partner*in, wenn ihre Balzgesänge ständig vom Verkehrslärm übertönt werden? Sie wissen sich zu helfen …
Erkennen sich Elstern im Spiegel?
Aus welchem Grund ist in manchen Bundesländern die Hausratte praktisch ausgestorben? Und können Ratten wirklich durch die Toilette von der Kanalisation ins Haus gelangen? Wir erfahren, warum sich die putzigen Waschbären, die eigentlich gar nicht bei uns heimisch hin, zu Problembären entwickelt haben. Warum ihre Bejagung nichts bringt, erklären uns die Autoren ebenfalls.
Erkennen sich Elstern im Spiegel und klauen sie wirklich glitzernde Gegenstände? Wie nimmt man einem frei lebenden Wildvogel für eine Untersuchung Blut ab? In Wien ist man da auf eine ganz erstaunliche Lösung gekommen. Haben Eichhörnchen beim Verstecken ihrer Wintervorräte eigentlich ein System? Und warum ist es so schwer, eine Stubenfliege zu fangen?
Gefährliche Brückenphobie
Dass Otter sich nicht unter Brücken durchzuschwimmen trauen und lieber über eine stark befahrene Straße rennen, war mir neu. Eine lebensgefährliche Phobie, will mir scheinen. – Füchse im Garten hatte ich auch schon. Kulturfolger, eben. Ganz schön clever, die Kerlchen! In München hat man schon beobachtet, dass sie die Funktion der Fußgängerampeln begriffen haben und erst bei Grün über die Straße gehen.
Ich bin keine große Vogel-Expertin und war über die Talente der Stare einigermaßen überrascht. Über Wildschweine habe ich schon einiges gelesen und geschrieben und weiß, wie sehr selbst einzelne Tiere einen Garten oder einen Park „versauen“ können. Da helfen nicht mal Zäune.
„Eine Durchschnittssau kann ihren Körper mit einem Sprung über mehr als einen Meter hohe Zäune wuchten, diese einfach umschmeißen oder sich unter ihnen durchgraben.“ (Seite 237)
Unterhaltsam, humorvoll, informativ
Von der Vermehrung der Blattläuse bis zur medizinischen Verwendung von Wegschnecken gibt’s hier sehr viel Interessantes und Skurriles zu entdecken. Christian Koch und Axel Krohn servieren uns die sorgsam recherchierten Informationshäppchen auf unterhaltsame Weise und mit aussagekräftigem Bildmaterial illustriert. Und sie stellen die berechtigte Frage, ob es irgendwann Tierarten geben wird, die nur noch in Städten existieren können, weil sie sich an ihre ökologische Nische so gut angepasst haben, dass sie mit einem Leben auf dem Land gar nichts mehr anfangen können. Durchaus möglich!
Mit Büchern aus dem Riva-Verlag verbindet man ja überwiegend unterhaltsamen Unfug. UNSERE UNBEKANNTEN NACHBARN ist amüsant und humorvoll geschrieben, aber durchaus ernst gemeint – und überaus informativ.
Die Autoren
Christian Koch hat Biologie studiert, Axel Krohn Kultur- und Medienmanagement. Wenn sie nicht gerade ihren Tätigkeiten in der Werbebranche nachgehen, trifft man die beiden Kuriositätenjäger zumeist beim Durchforsten von Land und Netz auf der Suche nach den Absurditäten des Alltäglichen.