Produktinformation (Amazon):
- Taschenbuch: 464 Seiten
- Verlag: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch); Auflage: 1. Aufl. 2019 (31. Juli 2019)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3404178432
- ISBN-13: 978-3404178438
- ASIN: B07K4DBLJ9
- Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren
Kurzbeschreibung (Verlag):
1928. Berlin pulsiert, gilt als Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten. Die Schauspielerin Recha und der Regisseur Willi zur Nieden sind das Traumpaar der Metropole und ihrer blühenden Filmwelt. Hinter der Fassade bröckelt es jedoch. Die Nationalsozialisten gewinnen immer mehr an Zustimmung, auch durch die Filme der vom Großindustriellen Hugenberg übernommenen UFA. Als Jüdin ist Recha unmittelbar betroffen. Willi jedoch verschließt die Augen, und das einstige Traumpaar entfremdet sich. Werden die beiden trotz allem neu zueinander finden – oder verlieren sie einander, während die Welt um sie herum ins Wanken gerät?
Liebe und Hoffnung, Mut und Verzweiflung – der große Berlin-Roman zur Weimarer Republik.
Zur Autorin (Verlag):
Als Autorin und Historikerin hat sich Michaela Saalfeld ganz der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verschrieben. Mit ihrem Roman über die Anfänge der ersten deutschen Demokratie hat sie sich einen lebenslangen Wunsch erfüllt. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.
Meine Meinung:
Berlin 1928. Ein knappes Jahrzehnt nach dem Ende es Weltkriegs geht es Felice, Willi und auch Ille eigentlich ziemlich gut. Sie haben sich in ihrem Leben eingerichtet und alles könnte gut sein. Allerdings haben alle ihre Päckchen zu tragen, Ille kommt nach ihrem Gefängnisaufenthalt nicht richtig auf die Füße und kann sich eigentlich weder um sich, noch um ihre Töchter richtig kümmern. Die wachsen wiederum in Felice und Quirins Familie auf, die mittlerweile durch eigene und Pflegekinder auf 7 Personen angewachsen ist. Willi und Recha haben das Leben genossen und ihren Traum gelebt. Allerdings gewinnen die Nationalsozialisten im Alltag immer mehr Einfluss und so haben es beide als Jüdin und Judenfreund nicht immer leicht in der UFA, die mittlerweile von Hugenberg geleitet wird, der aus seiner nationalistischen Weltanschauung keinen Hehl macht.
Michaela Saalfeld hat eine ganz eigene Schreibweise. Sehr wortgewaltig, mitnehmend und manchmal auch bedrückend. Man ist dadurch ganz nah an den Handelnden dran. Gerne möchte man die Protagonisten an die Hand nehmen und ihnen zurufen: Dreht euch doch nicht immer um euch, macht die Augen auf und redet miteinander. Besonders bei Recha und Willi hatte ich oftmals dieses Bedürfnis. Aber auch Felice hat im Laufe des Buches eine Phase, wo sie aus ihrer eigenen Tretmühle nicht mehr herauskommt und mit Scheuklappen durch die Gegend rennt. Glücklicherweise schaffen es die Beteiligten aber doch ein wenig Klarsicht zu behalten und sich wieder einzukriegen. Wenn auch manchmal recht spät. Ich war zwischenzeitlich so angefasst, dass ich ein Pause einlegen musste, um wieder im hier und jetzt anzukommen.
Meine Lieblingsfigur war definitiv Quintus, der eigentlich immer einen kühlen Kopf bewahrt und seine eigene Sicht der Dinge hat. Seine unbedingte Liebe zu Felice ist einfach toll, gerade weil sie ja wirklich kein einfacher Mensch ist.
Das Buch hat mich sehr berührt. Noch herrscht einigermaßen Normalität in Deutschland, der Börsencrash steht noch bevor und die Wirtschaft kommt wieder auf die Beine. Und so beherrscht der Alltag und seine Sorgen die Familien mehr, als die drohende politische Lage. Selbst Felice, die immer gegen Ungerechtigkeit kämpft, hat keine Zeit sich mit der aktuellen politischen Lage auseinander zu setzen, weil sie damit beschäftigt ist ihre Familie zusammen zu halten. Und diese bei der Gelegenheit fast in alle Einzelteile zerlegt. Der Leser, der ja weiß was kommt, merkt immer mehr, wie die schwarzen Wolken am Horizont auftauchen und nicht mehr wegziehen.
Die Juden, allen voran Recha, versuchen immer noch die Augen zu verschließen vor dem Alltagsantisemitismus, der sich immer mehr Bahn bricht. Recha hat zudem nicht nur mit ihrer Herkunft sondern auch damit zu kämpfen, dass sie eine Frau ist. #metoo war noch nicht erfunden, aber trotzdem aktuell. Mich hat es oftmals geschüttelt ob der Anfeindungen, die sie zu erdulden hat. Und das sie selbst nie das Gefühl hatte, es wäre Unrecht und sie könnte es jemanden erzählen, um dem ein Ende zu machen.
Im Nachwort erwähnt die Autorin eine eventuelle Fortsetzung der Geschichte um Felice und Willi und ihren Familien. Ich würde mich darüber sehr freuen, auch wenn die Zeit, in der sie spielen würde für die Familie keine leichte werden wird und man als Leser sicherlich mitleiden würde. Aber trotzdem würde ich mir wünschen sie noch eine Weile begleiten zu dürfen.
Von mir gibt es für dieses starke und emotionale Buch auf jeden Fall eine Leseempfehlung!
10 von 10 Punkte
ASIN/ISBN: 3404178432 |