Die Berechnung der Sterne – Mary Robinette Kowal

  • The Calculating Stars – Mary Robinette Kowal

    (Keine deutsche Ausgabe bis dato)



    1952 kommt es zu einem Meteoriteneinschlag an der Ostküste der USA. Neben den zahllosen unmittelbaren Toten hat er auch eine Veränderung des Erdklimas zur Folge, die, so die Prognosen, den blauen Planeten mittelfristig für Menschen unbewohnbar machen wird. Als Ausweg zieht man eine Besiedelung anderer Planeten in Erwägung, weswegen das weltweite Raumfahrtprogramm nun eine hohe Priorität hat.


    Elma York, eine der vielen Frauen, die während des Zweiten Weltkriegs als zivile Pilotinnen eingesetzt wurden, arbeitet als Mathematikerin für die Raumfahrtbehörde – ebenfalls nicht als einzige Frau. Gerne würden sie auch ins All fliegen; die Entscheidungsträger trauen Frauen das jedoch nicht zu: Frauen werden unabhängig von ihrer Erfahrung und Qualifikation diskriminiert, auch Rassismus spielt zu Zeiten der Segregation eine Rolle. Elma und ihre Freundinnen lassen sich von ihrem Wunsch trotzdem nicht abbringen.


    Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive von Elma. Mit ihr hat Mary Robinette Kowal eine interessante Protagonistin geschaffen. Elma ist eine begnadete Pilotin und eine herausragende Mathematikerin. Doch eine Superheldin ist sie keineswegs: Sie leidet an Panikattacken, die sie immer dann befallen, wenn sie vor vielen Menschen reden muss oder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht. Das ist nicht nur eine Belastung für sie persönlich, sondern auch in beruflicher Hinsicht schwierig. Ich fand es gut und glaubhaft dargestellt, wie Elma nicht nur gegen die Herren, die Frauen nicht im All sehen wollen, ankämpfen muss, sondern auch immer wieder gegen sich selbst.


    Das Buch begleitet Elma und das Raumfahrtprogramm über mehrere Jahre. Jedem Kapitel ist eine Nachrichtenmeldung vorangestellt, sodass man immer weiß, in welchem Jahr sich die Geschichte gerade befindet.


    Wie die Autorin die (gesunde und liebevolle) Beziehung zwischen Elma und ihrem Ehemann Nathaniel darstellt, der ebenfalls für das Raumfahrtprogramm arbeitet, hat mich nicht vollends überzeugt; ich fand sie gerade in schwierigen Situationen zu rosarot und locker-flockig präsentiert. Die Metaphorik bei den unvermeidlichen Schlafzimmerszenen wirkte darüber hinaus erzwungen, künstlich und unfreiwillig komisch. Trotz dieser kleinen Kritikpunkte hat mir der Roman aber insgesamt gut gefallen, und ich möchte auch weitere Bücher von Mary Robinette Kowal lesen.


    (Edit: Titel und ISBN auf die jetzt vorhandene deutsche Ausgabe geändert. LG Wolke)

    ASIN/ISBN: 3492705979

  • Dankeschön für die Rezi. Das Buch interessiert mich sehr und ich habe mir schon die Leseprobe angeschaut. Ich hatte schon ein paar kritische Stimmen wegen der unpassenden Liebesgeschichte dazu gelesen. Aber wenn Dir das Buch trotzdem gefallen hat, werde ich es dann demnächst auch bald lesen.:)

  • Die Berechnung der Sterne - Mary Robinette Kowal


    Inhalt (lt.Amazon):


    »Frauen gehören in die Küche, nicht in den Weltraum« – eine weit verbreitete Meinung in den USA der 1950er Jahre. Die junge Physikerin Dr. Elma York, die als menschlicher »Computer« täglich die Flugbahnen von Raketen berechnet, lässt sich davon jedoch nicht abhalten.

    Schließlich steht die Menschheit vor ihrer größten Herausforderung: Ein gigantischer Meteoriteneinschlag hat das Klima für immer verändert, sodass die Eroberung des Alls sehr viel dringlicher geworden ist. Die Widerstände sind zahlreich, doch als erste Astronautin in den Weltraum zu fliegen ist Elmas größter Traum – und niemand wird sie daran hindern!


    Ausgezeichnet mit dem Hugo-, Nebula- und Locus-Award



    Zur Autorin:


    Mary Robinette Kowal ist die Autorin der »The Glamourist Histories«-Reihe, des Romans »Ghost Talkers« und der »Lady Astronaut«-Reihe. Sie ist Vorsitzende der Science Fiction & Fantasy Writers of America (SWFA), Teil des preisgekrönten Podcasts »Writing Excuses« und erhielt bereits den Astounding Award for Best New Writer, vier Hugo Awards, den Nebula und den Locus Award. Mary Robinette ist außerdem professionelle Puppenspielerin und Synchronsprecherin. So spricht sie beispielsweise Hörbücher von Seanan McGuire, Cory Doctorow und John Scalzi ein. Sie lebt mit ihrem Ehemann Rob und über einem Dutzend alter Schreibmaschinen in Nashville, USA.



    Meine Meinung:


    Mir ist die Einordnung etwas schwer gefallen und beim Lesen hatte ich anfangs einen leichten Knoten im Kopf. Das Buch ist eigentlich ein SF oder eine Dystophie spielt aber in den 50gern des letzten Jahrhunderts und arbeitet teilweise mit realen Personen in Nebenrollen.


    Der im Klappentext erwähnte Meteoriten-Einschlag ist nur im ersten Abschnitt von wirklicher Relevanz. Er wird als Hebel genommen, der die Menschheit dazu zwingt, sich so schnell wie möglich in den Weltraum aufzumachen, da der Treibhauseffekt durch diese Naturkatastrophe um ein Vielfaches multipiziert wird und ein Massensterben in absehbaren Jahren droht. Die Amerikaner und alle anderen großen Nationen arbeiten mit Hochdruck und imensem Kostenaufwand daran, Raketen zu entwickeln und Astronauten zum Mond zu schicken. Die wahre Mondlandung war ja 1969. Hier im Buch wird sie für das Jahr 1958 angepeilt. Und trotz des Meteoriten hat sich noch nicht viel geändert in der Gesellschaft. Frauen und Nicht-Weißen wird es in Amerika schwer bis fast unmöglich gemacht, an den Astronautenprogrammen mitzumachen. Wäre da nicht Dr. Elma York, Pysikerin und Mathematikgenie, und eine Handvoll erfahrener Pilotinnen, die im wahrsten Sinne des Wortes Himmel und Hölle in Bewegung setzten um das zu ändern.


    Elma ist einer der klügsten Köpfe im amerikanischen Weltraumprogramm. Im Krieg ist sie für die Armee Flugzeuge geflogen, wenn auch ohne Kampfeinsatz. Sie hat mehr Flugstunden als so mancher männliche Pilot und mehr Erfahrung. Dennoch wird sie gar nicht als Astronautin in Betracht gezogen sondern arbeitet lediglich als "Rechnerin" für die Behörde. Frauen gelten noch immer als labil, zart besaitet, technisch inkompetent. Dass Elma eine der ersten ist, die errechnet, was der Erde nach dem Meteoriteneinschlag an dramatischen Klimaveränderungen blüht, zählt ebensowenig, wie ihre anderen herausragenden Fähigkeiten. Lange tut Elma sich schwer, ihre Kompetenzen ins rechte Licht zu rücken. Sie leidet unter Angstzuständen, wenn sie vor Menschen sprechen muss. Dank kluger Freundinnen und ihrem Ehemann Nathaniel, den ich guten Gewissens als den besten Ehemann ever bezeichnenen möchte ;), gelingt es Elma aber doch Stück für Stück die Öffentlichkeit auf das brennende Thema der Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen. Der öffentliche Druck bringt die Verantwortlichen bei der Weltraumbehörde schließlich dazu, ein Programm für weibliche Astronauten ins Leben zu rufen. Für Elma rückt ihr größter Traum in greifbare Nähe. Wäre da nicht ihr alter "Feind" Parker, der ihr ganz unverblümt geschworen hat, dass er verhindern wird das Frauen und ganz speziell dass Elma ins All fliegen darf.


    Ich war total begeistert und am Ende richtig gehend beglückt von diesem Buch. Es verquickt Realität mit Fiktion auf wunderbare Weise. Die Anfänge der Gleichberechtigung sind ein großes Thema in der Geschichte. Und Elma und die anderen Pilotinnen wunderbare Heldinnen ihrer Zeit. Wer Hidden Figurs kennt und "Space Girls" liebt, der ist hier bestens aufgehoben. Im Buch steckt eine gehörige Portion Wissenschaft und Flugleidenschaft. Auch ohne weitergehende Kenntisse habe ich diese Infos sehr genossen und möchte sie nicht missen. Toll ist auch, dass die meisten Charaktere sehr vielschichtig sind. Hervorheben muss man hier den Piloten Parker. Ein Chauvinist erster Güte, in einer ganz persönlichen Privatfedhe gegen Elma auf Kreuzzug, der im Laufe der Geschichte ganz überraschende Wesenzüge zeigt, die immer wieder durch seine garstigen Sprüche durchschimmern. Man kann ihn wunderbar hass-lieben.


    Ich fand das Buch sehr spannend, obwohl es kein rasendes Tempo drauf hat. Keine Seite war zu viel, keine Info zu wissenschaftlich. Sogar eine gehörige Portion Humor und Situationskomik ist vorhanden und das Alles liest sich einfach wunderbar leicht und glaubhaft.


    Ich bin happy. Vor allem, weil es noch einen zweiten Teil mit Elma geben wird. Und aus dem Universum zwei andere Romane der Autorin im Englischen schon vorliegen. Ich hoffe sehr, der Verlag lässt alle ins Deutsche übersetzen. Ich kann es kaum erwarten.


    10 von 10 Punkten


    ASIN/ISBN: 3492705979

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von hollyhollunder ()

  • Dazu gibt es schon einen Thread; ich melde die beiden mal zum Zusammenlegen.



    Die beiden Folgebände habe ich derweil auch gelesen; die fand ich sogar noch besser. :)

    Danke dir. Die Suchfunktion hat es wieder mal nicht gefunden. Oder ich. :bonk

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Die USA im Jahr 1952. Nach einem Meteoriteneinschlag an der Ostküste der USA gerät das Weltklima komplett durcheinander und die Menschheit muss sich Gedanken darüber machen, wie und wo sie in Zukunft leben wollen. Dabei steht das Weltraumprogramm stark im Vordergrund, bei dem Elma und Nathaniel York beide arbeiten. Er als leitender Ingenieur, sie als menschlicher Computer. Doch Elma möchte mehr, sie möchte selbst ins Weltall fliegen. Doch ungeachtet der Tatsache, dass es Frauen brauchen wird, um sich im Weltall dauerhaft außerhalb der Erde anzusiedeln, beherrschen die männlichen Vorurteile die Entscheidungsebenen.


    Mary Robinette Kowal entwirft in diesem historischen Science Fiction Roman eine alternative Welt. Nicht nur der Meteoriteneinschlag ist fiktiv, auch der Präsident der USA ist zu dem Zeitpunkt ein anderer, das Weltallprogramm schon deutlich fortgeschrittener. Mechanische Computer sind in dieser Welt noch nicht so ausgereift und die Fähigkeiten der menschlichen Computer, die allesamt Frauen sind, wird dringend benötigt. Trotzdem wird auf die Frauen herabgesehen und Diskriminierung ist an der Tagesordnung. Nicht nur die der Frauen, auch Rassismus spielt eine große Rolle. Hier ist die Autorin dem wahren Zeitverlauf treu geblieben.

    Wir begleiten in diesem ersten Lady Astronaut Band nun Elma auf ihrem Weg zur Astronautin. Dieser ist mit vielen Hindernissen gespickt und Elma hat auf Grund ihrer herausragenden Begabungen schon viel Mobbing durchmachen müssen und daher auch psychische Probleme. Das macht es ihr schwer in der Öffentlichkeit zu stehen. Sie hat aber das Glück, dass ihr Mann sie vollkommen unterstützt und auch Freundinnen für sie da sind.


    Mir hat das Buch sehr viel Spaß gemacht. Es liest sich durchgehend flüssig und ist spannend. Immer wieder gibt es kleine Überraschungen und die Geschichte ist überraschend zeitlos. Die Kämpfe, die die Wissenschaft ausfechten muss, was den Klimawandel betrifft sind erschreckend aktuell. Mir sind die Protagonisten ans Herz gewachsen, selbst die Nebenfiguren. Als es bei einem Einsatz zu einem Zwischenfall kommt, habe ich sehr mitgefiebert.


    Ich freue mich schon auf den zweiten Band der Reihe, in dem es dann um längere Einsätze im All und einen Einsatz auf dem Mars gehen wird. Von mir den Daumen hoch für ein wirklich tolles, spannendes Buch!


    9 von 10 Punkte

  • Normalerweise wäre ich auf dieses Buch gar nicht neugierig geworden, aber in der Leserunde ‚Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten‘ wurde dieses Buch erwähnt. ( hollyhollunder ) Und dann stand es plötzlich da in der Stadtbibliothek. Da wollte ich es dann doch wissen und habe hineingelesen. Nach ein paar Seiten stand der Entschluss fest, dass ich das Buch mit nach Hause nehme und lese.


    Nicht allein das Thema, sondern auch die Art, wie die Autorin schreibt, hat mich von Anfang an in den Bann gezogen. Und das hat auch bis zum Ende gehalten. Ich warte jetzt schon gespannt auf die Fortsetzung.


    Elma ist ja übrigens Jüdin. Das wird im Buch zwar immer wieder angesprochen, es hat aber keinen großen Einfluss auf den Verlauf der Geschichte. Allerdings fand ich es zusätzlich sehr ansprechend, dass Religion Teil ihres Lebens ist. Schade fand ich aber dann, dass (bisher) nicht so richtig thematisiert wurde, wie man im Judentum über Weltraumreisen denkt.

    Die Beziehung zwischen Elma und Nathaniel fand ich immer herzerwärmend. Aber es hat mich gewundert, dass nie das Thema Nachwuchs angesprochen wurde. Dieses Thema bleibt absolut im Dunkeln. Fand ich etwas merkwürdig.

    Ansonsten fand ich es einfach toll mitzuerleben, wie Elma sich entwickelt und ihre Ziele anstrebt. Dabei begleiten sie auch viele Freundinnen. Das Buch ist übrigens in der Ich-Perspektive geschrieben.


    Wer sich für Naturwissenschaften und Technik interessiert, miterleben will, wie Frauen für Gleichberechtigung kämpfen, bei Pilotenflügen dabei sein und den Arbeitsalltag bei der NACA erleben möchte, Elma bei ihren persönlichen Problemen begleiten will und nichts gegen eine zu gute eheliche Beziehung hat, dem kann ich das Buch empfehlen.


    Ich warte, wie bereits erwähnt, ganz gespannt auf die Fortsetzung. (Hoffentlich wird es die auch in der Bibliothek geben.)


    7 von 10 Eulenpunkten

    Sasaornifee :eiskristall

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    "Ich habe nicht mehr Ambitionen zum Fliegen als ein verdammter Strandlöper!" - Die Insel der Tausend Leuchttürme - Walter Moers