Andreas Liebert, Mein Vater, der Kantor Bach. 364 Seiten, HC mit SU. Lichtenberg Verlag, München 1999. ISBN 3-785-28139-0; vergriffen
Über den Autor
Andreas Liebert, geboren 1960, ist promovierter Musikwissenschaftler. In seinen historischen Romanen schwingt die Liebe zur Musik immer mit.
(der Verlag bei Amazon.de)
Über das Buch
Das Leben eines großen Genies und die Chronik eines leidenschaftlich bewunderten Vaters – in den fiktiven Tagebüchern seiner Tochter Catharina Dorothea, die der Autor zu einem großen biographischen Roman gestaltet hat, nähern wir uns dem Menschen Johann Sebastian Bach und dem berühmten Kantor zugleich. Im Mittelpunkt dieses historisch-biographischen Musikromans steht das Tagebuch, das der Autor Bachs ältester Tochter erfunden hat. Ihm vertraut sie ihre Gedanken und Empfindungen an und wird so zur getreuen Chronistin des bewunderten Vaters, ihrer sechs Brüder und vier Schwestern. Catharina gibt uns Einblick in Bachs musikalisches Schaffen, in sein alltägliches Leben, in Freud und Leid der Familie.
(Quelle: perlentaucher.de)
Meine Meinung
Das Buch ist längst nicht mehr erhältlich, war nie ein Verkaufsschlager -- und ist eines von denen, bei denen ich nicht verstehe, wie das gekommen ist. Ich habe das Buch vor einem Jahr im Urlaub gelesen (dann aber -- Schande über mich! -- erst einmal vergessen, es zu rezensieren :grin), und es hallt immer noch sehr angenehm in mir nach. Während ich gerade meine Urlaubslektüre zusammensuche, fielen mir zwei Romane von Andreas Liebert wieder in die Hände, und ich entschied, daß ich die Rezis nachliefere.
Lieberts Bach ist ein vielschichter, schwieriger Mensch, egozentrisch und zugleich tiefgläubig, jemand, der sein Lebenswerk über seine Familie stellt. Das bekommen vor allem die Söhne Friedemann, Carl und Bernhard zu spüren und Tochter Catharina. Während die Söhne dem Übervater letztendlich nicht gerecht werden können, verzichtet Catharina darauf zu heiraten, um statt dessen ihre Stiefmutter Anna Magdalena zu unterstützen.
Präzise und ungeschönt wird das Leben in einer Bürgerlichen Familie zu Zeiten des Barock/Absolutismus geschildert, die Schwierigkeiten, mit denen die Menschen zu kämpfen haben, das Ringen des Patriarchen Bach darum, seine ständig wachsende Familie zu ernähren, ohne dabei seinen Prinzipien untreu zu werden. Während Bach mit Ratsleuten und Kirchenmännern streitet, wird Anna Magdalena von den häufigen Schwangerschaften aufgezehrt -- und da Catharina dies nicht nur bei ihr hautnah miterlebt, fällt sie schließlich eine Entscheidung über ihr eigenes Leben.
Selten werden in historischen Romanen die Probleme der Frauen realistisch geschildert, zumal das offenbar als nicht sonderlich mitreißend oder spannend gilt. Aber diesem Autor gelingt es -- sowohl dem Komponisten und seinem Kampf zwischen täglichem Leben und Kunst als auch dem mühsamen Leben der Familie in seinem Schatten wird Andreas Liebert gerecht.
Ein wirklich empfehlenswerter Roman!