Mitternacht – Christoph Marzi
Piper
ISBN: 978-3492280907
320 Seiten
Taschenbuch 15 Euro, Kindle 12,99 Euro
Über den Autor: Christoph Marzi, Jahrgang 1970, wuchs in Obermending nahe der Eifel auf, studierte in Mainz und lebt heute mit seiner Familie im Saarland. Mit dem sensationellen Erfolg seiner Trilogie um die Uralte Metropole ("Lycidas", "Lilith" und "Lumen") hat er sich einen festen Platz als deutscher Fantasy-Autor erobert.
Amazon Kurzbeschreibung: Es gibt einen Ort, an dem die Geister leben, eine Welt, die unsere berührt, eine Stadt, in der mit Geschichten und Albträumen Handel getrieben wird. Ein Missgeschick lässt Nicholas James, den alle nur den »gewöhnlichen Jungen« nennen, diese Welt betreten – und alles ändert sich: Peter Chesterton, ein reisender Geist, nimmt sich seiner an. Das Findelgeistmädchen Agatha stiehlt sein Herz. Und etwas, das im Dunkeln lauert, gewinnt an Macht. Die Wege, die Nicholas beschreitet, führen ihn dorthin, wo alle Hoffnungen geboren und alle Träume gestorben sind, an einen Ort, den die Geister voller Ehrfurcht »Mitternacht« nennen. Eine Geschichte von der Macht der Bücher und der Gefahr des Vergessens, in einer Welt der Geister.
Ich habe bisher alle Bücher von Christoph Marzi gelesen. In der Vergangenheit habe ich ihm oft vorgeworfen, dass seine Anleihen bei anderen Autoren wie z.B. Dickens und Rowling mir etwas zu viel waren. Und trotzdem habe ich ihn gelesen, obwohl ich mich oft ein wenig darüber geärgert habe, aber beherrscht es einfach, das Schreiben und fängt mich mit seiner Sprache immer wieder ein.
Mit „Mitternacht“ habe ich mich nun etwas länger auseinandergesetzt, denn eigentlich müsste man hier sagen, dass eine Bewertung zu diesem Buch nicht ganz fair wäre, doch der Reihe nach: Es beginnt wie es oftmals beginnt; in London. Und auch dieses London ist sozusagen zweigeteilt. Es gibt das London, das wir alle kennen und es gibt ein London der Geister. Genau das erfährt der junge Autor Nicholas James, der durch Zufall erkennen muss, dass er zwischen beiden Städten hin und her wechseln kann. Es wartet die Liebe auf ihn, aber natürlich gibt es auch hier diverse böse Mächte, die ihn bedrohen und denen er besser aus dem Weg gehen sollte.
"Alle Bücher träumen von Geschichten" - schon der erste Satz reichte aus, um sofort in die Handlung einzutauchen. Die Erzählstimme hat immer etwas märchenhaftes, abgeklärtes und wirkt so poetisch, als stamme sie aus einer längst vergangenen Epoche. Marzis Handlungsorte wirken atmosphärisch und wunderbar geheimnisvoll. Davon kann ich nicht genug bekommen. Ich verrate nichts von der Handlung, die auch in diesem Buch wieder extrem spannend ist. Doch dann, als ich das Gefühl hatte, die Geschichte sei erst halb erzählt, ergab sich ein Bruch. Im Zeitraffer raste plötzlich alles dem Ende entgegen und es war, als habe der Autor seine Figuren im Stich gelassen. Ich war total enttäuscht und wütend, aber dann las ich das Nachwort, in dem Marzi erklärte, dass er einen schweren Schlaganfall hatte und das Buch danach nur mit Mühe weiterschreiben konnte. Diesen Bruch merkt man sehr deutlich und vielleicht hätte Christoph Marzi sich und dem Buch mehr Zeit geben sollen, und sich erst einmal auf seine Gesundheit konzentrieren sollen, bevor er solch ein abruptes Ende zulässt.
Insgesamt ist „Mitternacht“, ein opulenter, spannender und atmosphärisch dichter Roman, dem ich ein anderes Ende wünschen würde. Trotzdem ist er sehr lesenswert und vielleicht kommt ja noch eine Fortsetzung, die Christoph Marzi bei hoffentlich wieder besserer Gesundheit und in alter Form schreiben kann.Die Geschichte um Nicholas schreit nach einer Fortsetzung und warum nicht das Buch mit einer zweiten Variante beginnen? Dort, kurz vor dem Bruch, könnte es einfach nochmal neu beginnen. Das darf man sich als Autor der Phantastik ruhig erlauben. Alles Gute, lieber Christoph Marzi!