"Die Umarmung des Todes" Natsuo Kirino

  • Die Umarmung des Todes von Natsuo Kirino


    Goldmann Verlag, Übersetzerin Annelie Ortmanns, 608 Seiten.



    Über die Autorin:


    Natsuo Kirino wurde 1951 in Kanazawa geboren. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Seikei University, bevor sie sich zu einer Karriere als Schriftstellerin entschloss.
    Bereits für ihren Debütroman erhielt sie den Edogawa-Rampo-Preis, den renommiertesten japanischen Preis für Kriminalliteratur. Der große Durchbruch aber gelang ihr mit Die Umarmung des Todes: Der Roman war mit über 500.000 verkauften Exemplaren ein Bestseller in Japan und wurde von der japanischen Kritik als "bester Kriminalroman des Jahres" gefeiert. Mittlerweile erhielt Natsuo Kirino den hochangesehenen Naoki-Literaturpreis.



    Über den Inhalt des Buches:


    von amazon übernommen


    Eine Leiche zu zersägen, ist gar nicht so einfach -- besonders wenn man es noch nie gemacht hat. Aber Masako Katori hat nun mal ihrer Kollegin Yayoi Yamamoto versprochen, den kalten Körper ihres Mannes Kenji unauffällig und fachgerecht zu entsorgen. Yahois Gatte war dem Glücksspiel und einer schönen Bardame verfallen und hatte am Ende das gemeinsame Ersparte der jungen Eheleute einfach versetzt. Vom blinden Zorn gepackt, erwürgte Yahoi ihren Ehemann -- und fühlte dabei nicht mal ein schlechtes Gewissen.


    Die Leichenbeseitigung als etwas ausgefallene Form weiblicher Solidarität macht die beiden Kolleginnen aus der Lunchpaketfabrik am Rande Tokyos zu Komplizinnen, doch sie bleiben nicht allein. Zu ihnen stoßen die alte Yoshï, genannt die Meisterin, weil sie am Band die schnellste ist, und die träge Kuniko, die über ihre Verhältnisse lebt und ständig in Geldschwierigkeiten steckt. Gemeinsam verpackt die Viererbande den zerlegten Gatten in einzelne Müllbeutel, und entsorgt diese dann an verschiedenen Abfallsammelstellen. Ein solider Plan, den die energische Masako sich ausgedacht hat, doch dann macht Kuniko aus schierer Faulheit einen entscheidenden Fehler. Nicht nur die Polizei, auch die Yakuza der japanischen Mafia interessiert sich bald für die Arbeit der vier unterschiedlichen Frauen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Doch die größte Gefahr droht ihnen von einem Mann, der seiner grausamen Vergangenheit nicht entfliehen kann.



    Meine Meinung:


    "Die Umarmung des Todes" ist in meinen Augen ein besonderes Buch. Es erzählt auf eine unnachahmliche Weise von den Verstrickungen und Erlebnissen die durch den von einer der vier Frauen ( um deren Lebensgeschichten es zum grössten Teil geht ) begonnenen Mord an ihrem Mann ausgelöst werden.
    Sehr gut hat mir gefallen, dass das Fortschreiten der Geschichte fast immer mehrfach erzählt wird, und zwar immer aus dem Blickwinkel von verschiedenen Personen. Diese verschiedenen Sicht- und Erlebnisweisen waren hochinteressant.
    Die Geschichte an sich wird immer spannend erzählt. Man erfährt sehr viel über das Leben in Japan, die Menschen und ihre gesellschaftlichen Stellungen. Dies war für mich überaus lesenswert.
    Die vier Frauen sind im Prinzip so sehr verschieden, dass sie unter "normalen" Umständen bestimmt keinen engeren Kontakt miteinander gehabt hätten. Aber durch die gemeinsame Nachtschichtarbeit und den Mordfall sowie weiteren Verwicklungen sind sie quasi zu einer Art von "Miteinander" gezwungen.
    Letztendlich hat dies aber keinen Bestand und Erfolg da Institutionen und wahrhaft Böses ihre Spur aufnehmen und verfolgen.
    Besonders Masako ist mir ans Herz gewachsen und natürlich auch Kazuo......
    Manchmal hatte ich beim Lesen ein skurilles Gefühl, die Story klingt teilweise abstrakt, aber doch immer nachvollziehbar.
    Zudem erhält man Einblicke in die dunkelsten Seiten der menschlichen Seele ( Satakes ) die nicht immer leicht zu verdauen sind.


    Ein Buch, das nicht für Zartbesaitete bestimmt ist.



    "Dieses Buch schlägt den Leser in einen unglaublichen Bann, dem man vollständig erliegt." ASAHI

  • Nee, nee, nee hättest Du das nicht 24 Stunden früher schreiben können. Habe vor 2 Tagen dieses Buch auf dem Wühltisch gefunden und gleich gekauft, da ich bisher viel Gutes darüber gelesen habe.
    Und gestern Abend war wieder Auswahltag, und an und für sich wäre es gleich dran gewesen. Da aber gestern auch der 1. Band des ebenfalls hier hochgelobten Sarantuim-4-Teilers von Guy G. Kay ankam, habe ich dann doch den vorgezogen, da Band 2-4 schon länger warten.
    Jetzt muß es mindstens 1.200 Seiten udn vielleicht noch den Ratzinger ausharren.


    LG Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Dieses Buch lohnt sich wirklich. Ich fand (als Mann!) die Schilderungen aus Sicht der Frauen sehr gut und gelungen. Vor allem überzeugt hat mich, dass kaum aus der Sicht der Mörderin erzählt wird, sondern überwiegend aus der Sicht der drei "Freundinnen".


    Mir tat sogar irgendwie die nervige Kuniko an ihrem Ende sehr leid. Die Autorin leistet da einfach einiges, finde ich. Insgesamt hätten dem Buch vielleicht einige Seiten weniger gutgetan.


    Ich hoffe man wird noch mehr von dieser japanischen Autorin hören, hier in Deutschland!

  • Zitat

    Original von Tanzmaus
    Detailiert beschrieben ? Bleibt es bei der einen Leiche ? (habe das Buch hier liegen.. Dein Kommentar erschreckt einen ja doch ein wenig)


    Schlimmer wie die Jagdszene bei Susanne ist es nicht......... :lache :lache


    Nein, im Ernst - wenn es nicht gerade dein erster Krimi ist, der etwas heftiger ist, dann geht es schon.
    Aber manche Stellen sind wirklich nicht ohne.

  • Hallo Eulen!


    Wer eine etwas ausführlichere Inhaltsangabe lesen möchte ... Ich durfte das Buch vor ca. 2 Jahren für eine interkulturelle Zeitschrift besprechen. Voilà:


    "Sachimi-Massaker im japanischen Bad


    Fans des klassischen Whodunnit werden bei Natsuo Kirinos Krimi „Die Umarmung des Todes“ pikiert die Augenbraue hochziehen, denn die klassische Mördersuche erübrigt sich bereits auf Seite 76. Täterin: die brave Hausfrau Yayoi Yamamoto, Leiche: Ehemann Kenji. Motiv: Der Gute hat die gesamten Ersparnisse, die Yayoi in einer Lunchpakete-Fabrik erschuftet hat, verspielt, versoffen und verhurt. Und wenn man bedenkt, dass Kenji seine Frau auch noch mehrfach brutal zusammengeschlagen hat, müsste Yayoi nur noch zum Hörer greifen und sich bei der Polizei auf Notwehr berufen. Aber Yayoi denkt gar nicht daran, die Polizei zu holen - wozu hat sie Kolleginnen wie die knochentrockene, analytische Masako Katori.


    Der Plan ist schnell gemacht. Gemeinsam mit einer weiteren Kollegin lässt Masako die Leiche nach allen Regeln der Häppchenkunst verschwinden. Pech nur, dass Kollegin Nummer vier, die geldgierige und grottendumme Kuniko, beim Schlachtfest stört. Pech auch, dass die Frauen nicht wussten, dass auch Handtellerabdrücke Kenjis Identität verraten. Als Hauptverdächtiger wird zunächst der Casinobesitzer Satake verhaftet, doch der lässt sich nicht Lückenbüßer machen und hütet zudem ein Geheimnis, gegen das das Hausfrauen-Sachimi-Massaker wie ein Kaffeeklatsch anmutet.


    Nun beginnt der eigentliche Krimi - ein in chirurgisch knappen Worten erzähltes Katz- und Maus-Spiel, das sich bald in ein ausgetüfteltes System von Erpressung, Verrat, Psychoterror, Menschenjagd und Mord auffächert. Zunehmend gewinnen die Figuren eine psychologische Dimension, die verstörend wirkt. Längst geht es nicht mehr um Mord, sondern um existenzielle Fragen, um Grenzen und deren Überschreitung und um eine Freiheit, die manchmal auf skurrilste Weise über Leichen geht. Leicht zu ertragen sind die Szenen nicht, nachvollziehbar auch nicht immer, weniger brutale Details wären oft mehr gewesen.


    Was dem Roman Authentizität verleiht, ist das kriminalistische Fachwissen der Autorin. Natsuo Kirino, die1951 in Kanazawa geboren wurde, war Juristin, bevor sie sich dem Schreiben zuwandte. Bereits für ihren Debütroman, der noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde, erhielt sie den renommiertesten japanischen Preis für Kriminalliteratur, den „Edogawa-Rampo-Preis“.


    Dass Natsuo Kirino auch hierzulande zweifellos eine große Fangemeinde finden wird, ist nicht zuletzt das Verdienst der Übersetzerin Annelie Ortmanns. Ihr ist es gelungen, den japanischen Text in eine atemlose, knappe und schnörkellose Sprache zu übertragen, die diesem Thriller absolut gerecht wird."


    Viele Grüße!
    Nina

  • Mein Fazit: ein Buch, das ich eingeschränkt empfehlen kann. Vorweg, es gab Stellen in diesem Buch, wo ich mit der blutigen Phantasie der Autorin nicht mithalten konnte und dort Seiten überblättert habe. Ansonsten sind Stil und Handlungsstränge stimmig, die Hauptakteure glaubwürdig und der Leser erfährt zudem etwas über die japanische Lebensart des kleinen Mannes (in diesem Fall der kleinen Frau).

  • Ist schon etwas länger her, dass ich das Buch gelesen habe, hoffe, ich krieg das noch richtig zusammen.
    Atmosphärisch dicht, in sich stimmig, es fließt einiges über die Besonderheiten der japanischen Kultur mit ein, lebendige Figurenzeichnung.
    Was mich allerdings gestört hat, war dieser Mafia- Erzählstrang, was aber auch an meiner persönlichen Abneigung allem gegenüber, was irgendwie mit Mafia (italienisch, russisch, wie auch immer) zu tun hat, liegen kann.
    Ansonsten absolut empfehlenswert, zumindest für die Hartgesottenen!

  • auch bei mir ist es schon eine weile her, daß ich das buch gelesen habe - aber ich fand es gar nicht so brutal. teilweise war die zerlegung der leiche so lustig beschrieben... also ein gewisser humor war auch dabei, wenn auch schwarzer :-)
    ich kann das buch absolut uneingeschränkt empfehlen. es hat mir so gut gefallen, daß ich sogar zum ersten mal in meinem leben an den verlag geschrieben habe, um meinen dank für die tolle übersetzung auszusprechen :-)


    für mich DIE entdeckung des letzten jahres !

    Was ist das Beste daran, erwachsen zu sein? Daß ich nicht mehr betteln muß "Nur noch dieses Kapitel, dann mach ich das Licht aus ... bitte!!! "

  • Bin eigentlich auch nicht so der Fan von japanischen Autoren, weil es doch eine ganz andere Welt ist. Aber durch dieses Buch sehe ich das nun etwas anders. Toll geschrieben, vorallem das man soviel nebenbei von dem Privatleben der verschiedenen Frauen mitbekommt. Dabei wirken sie so harmlos, aber wenn man sich dann vorstellt das sie DAS im Badezimmer machen. Ich musste auch manchmal grinsen, wenn man sich das so vorstellt, denn die meisten Japanerinnen sind doch ziemlich dünn und schwach *grins*. Was ne Arbeit und ne Schlepperei. Aber das Buch hat bei mir Lust auf *mehr* geweckt aus diesem doch Fernen und Exotischen Land.

  • Ich mag japanische Autor(innen), aber ich warne gleich alle, die vorhaben, dieses Buch zu lesen:
    Wenn Ihr gerade in einer nicht so optimalen emotionalen Gesundheitsverfassung seid oder von Haus aus ein nicht so allwettertaugliches Nervenkostüm habt, :bruell laßt die Finger davon!
    Oder wenn Ihr Euch doch traut und halbwegs beschleicht Euch das Gefühl, beim Lesen wegschauen zu müssen oder nicht mehr weiterlesen zu wollen, gebt diesem Gefühl dann Gehör und nehmt Euch ein anderes Buch!


    Ich habe die stets wieder flüsternden und manchmal schreienden Nicht-Weiterlesen-Stimmen überhört und mich trotz Widerwillen bis zum bitteren Ende durchgeackert. Danach ging es mir emotional erst mal ein paar Tage alles andere als blendend. Ein paar Mal hatte ich selbst häßliche Alpträume und einen Tag lang hat es mir gar den Appetit total verschlagen, was bei mir was heißen soll.


    Okay, ich gebe es zu: Dezember ist eh nicht mein Monat. Wenn die Tage immer kürzer werden, sinkt meine Stimmung auf den Nullpunkt und manchmal gar darunter.
    Vielleicht hätte ich mit diesem Thriller bis zum Sommer warten sollen. Am Strand von Katwijk wäre die Geschichte wahrscheinlich nicht bis in die tiefsten Ritzen meiner Psyche durchgesickert.
    So aber hat's mich ziemlich gepackt und gebeutelt.



    Kirino ist eine sehr plastische Schriftstellerin, der es ausgezeichnet gelingt ein Bild der Arbeiterklasse in Tokio zu zeichnen. Allerdings geht sie manchmal in ihren Beschreibungen sehr weit - zu weit!
    Der Leser wird gezwungen, mit der weiblichen Hauptperson mitzuleben, man kann gar nicht anders, man muß mit ihr mitfiebern und mitdenken. Und am Schluß wird man mit runtergezogen, "Out" heißt das Buch auf englisch, aber es gibt keinen Ausweg, es gibt keine Erlösung. Und das kann, zum falschen Zeitpunkt gelesen, eine verheerende Auswirkung auf die eigene Psyche haben.