Ronald D. Gerste - Wie Krankheiten Geschichte machen – Von der Antike bis heute

  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)

    Pest, Syphilis und Aids haben die Menschen in ihren Epochen bedroht, geprägt und in ihrem Bewusstsein Spuren hinterlassen. Eindrucksvoll zeigt Roland Gerste, wie Seuchen und die Krankheiten der Mächtigen zu Entscheidungsfaktoren in der Geschichte wurden – bis heute.

    Eine englische Königin, die das Land zusammen mit ihrem Mann, dem spanischen König, wieder katholisch machen will, scheint schwanger zu sein. Doch es ist ein Tumor – wäre sonst Spanien die Supermacht in unserer Welt? Ein deutscher Kaiser gilt als Hoffnungsträger der Liberalen, könnte Deutschland auf den Weg zu einer konstitutionellen, fortschrittlichen Monarchie führen. Doch er hat Kelhlkopfkrebs, ihm sind nur 99 Tage an der Macht vergönnt - wäre durch ihn der Erste Weltkrieg vermeidbar gewesen? Die Krankheiten von Staatenlenkern haben wiederholt in den Ablauf der Geschichte eingegriffen und die Weichen des Weltgeschehens oft auf dramatische Weise in eine andere Richtung gestellt. Doch Krankheiten bestimmen auch das Leben, die Kultur und das Bewusstsein der Völker. Die Pest und Aids, die Cholera und die Syphilis haben ganze Zeitalter geprägt. Der Arzt und Historiker Ronald D. Gerste nimmt den Leser mit auf eine spannende Reise zu den medizinischen Wegmarken unserer Geschichte.


    Autor (Quelle: amazon)

    Ronald D. Gerste ist Arzt und Historiker; seit seinen Studientagen fasziniert ihn der Einfluss, den medizinische Faktoren auf den Ablauf der Geschichte haben. Seit vielen Jahren lebt er als Korrespondent und Buchautor in Washington, D.C. und schreibt dort vor allem für die »Neue Zürcher Zeitung« und die »FAZ am Sonntag«, für »Damals«, für das »Deutsche Ärzteblatt« und andere wissenschaftliche Zeitschriften. Bei Klett-Cotta sind von ihm Bücher über Amerika und über einen anderen die Geschichte beeinflussenden Faktor – das Wetter – erschienen.


    Allgemeines

    Erschienen am 23. März 2019 bei Klett-Cotta als HC mit 381 Seiten
    Gliederung: Vorwort – 26 Kapitel – Epilog - Anmerkungen – Bildnachweis


    Beurteilung

    Das vorliegende Sachbuch beschreibt in ungemein kenntnisreicher, fesselnder und gelegentlich auch trocken-humorvoller Weise, wie sich seit der Antike diverse Erkrankungen einzelner Persönlichkeiten, aber auch ganzer Bevölkerungsgruppen auf den Verlauf der Geschichte ausgewirkt haben. Bei diesen Betrachtungen hält sich der Autor in den Kapiteln nicht strikt an die chronologische Reihenfolge. So widmet er sich zunächst der Frage, ob die Geschichte des frühen 20. Jahrhunderts anders verlaufen wäre, wenn der kriegstreibende Kaiser Wilhelm II nicht so jung auf den Thron gelangt wäre, nachdem sein Vater Friedrich III nur 99 Tage nach seinem Amtsantritt als König von Preußen und deutscher Kaiser dem Kehlkopfkrebs erlag. Anschließend begibt Ronald Gerste sich zurück in die Antike, das Mittelalter, die frühe Neuzeit, um sich dann ausführlich mit Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts zu befassen. Bei den „geschichtsbeeinflussenden“ Krankheiten handelt es sich sowohl um Seuchen wie die Pest und weitere pandemische Erscheinungen wie die Syphilis, die Pocken, die Cholera, die Tuberkulose und die Spanische Grippe als auch um individuelle Krankheiten wie Krebs und Gefäßerkrankungen mit ihren verheerenden Folgen (Schlaganfällen).


    Der Autor, der sowohl Historiker als auch Mediziner ist, beschreibt die Pathobiografie mächtiger und einflussreicher Persönlichkeiten und trifft dabei die Feststellung, dass in Bezug auf schwere, eigentlich mit Amtsunfähigkeit einhergehende Erkrankungen von Staatschefs quasi sowohl eine „Lügenpresse“ als auch eine „Lückenpresse“ evident wird. Die Bevölkerung diverser Länder wurde/ wird in vielen Fällen nicht oder bewusst falsch über den - oft sehr kritischen – gesundheitlichen Zustand amtierender oder zukünftiger Staatschefs informiert.


    In den Anmerkungen am Ende des Buchs findet der interessierte Leser Quellenangaben, die zur Lektüre weiterer themenverwandter Sachbücher inspirieren können.


    „Wie Krankheiten Geschichte machen“ ist ein sehr flüssig und anschaulich geschriebenes Sachbuch, das eine gelungene Mischung von Geschichte und Medizingeschichte ebenso unterhaltsam wie informativ darbietet. Für (medizin)historisch Interessierte unbedingt lesenswert!

    10 Punkte