Krimi-Weiber

  • Gestern beim Lesen meines derzeitigen Buches "Böses Erwachen" ist es mir schon aufgefallen, aber da wollte ich erstmal nichts dazu schreiben, jetzt les ich grad die Rezi von Heaven zu "Blut ist dicker als Ketchup" und muß doch was schreiben.


    Warum haben die Frauen in den Krimis eigentlich immer mit männlichen Vorgesetzten zu kämpfen? Warum meint jeder Schriftsteller der Krimi wird lesenswerter, wenn da eine Polizistin ist, die ihren Mann stehen muß, obwohl ihr jeder Steine in den Weg legt.
    Ist das tatsächlich so? Lest ihr sowas lieber?
    Bzw. in meinem Fall macht sich die gute Dame nonstopp lächerlich, weil ihr männlicher Vorgesetzter nämlich eigentlich ein ganz netter ist, während sie rumzickt ohne Ende.


    Warum spielt gerade im Krimigenre dieses Männer-Frauen-Macht-Gedönse so eine große Rolle?


    Ich bin gelinde gesagt ein wenig genervt (also von meinem Buch, nicht von Heavens Rezi...nur um das schnell klar zu stellen), zumal ich das von meiner Arbeit so einfach nicht kenne.

  • Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. Überhaupt kenne ich nur wenig Krimis, in denen Frauen eine Hauptrolle spielen. Aber ich werd' mal darauf achten, Krimis lese ich gern zwischendurch.


    Lieben Gruß


    polli

  • Ich hab leider auch dafür zu wenig Krimis gelesen um das richtig zu beurteilen.
    Aber ich hab da noch einige auf der Liste stehen.
    Also, unbedingt so etwas lesen wollen, tu ich nicht (Deutsche Sprache schwere Sprache!). Von mir aus könnte auch eine Frau die Vorsitzende sein. Aber die, wo ich kenne sind es wirklich nur Männer.
    Ich glaub, das es aber auch etwas mit dem „Klischee“(?) zu tun hat? Man geht eben davon aus, dass es Frau in solch einer Männergeprägten Position schwer hat.

  • Ist es nicht so, dass in den meisten Krimis die Ermittler, egal ob männlich oder weiblich, mit ihren Vorgesetzten zu "kämpfen" haben? Wahrscheinlich, um Konfrontationen herbeizuführen, die dann wiederum für Spannung sorgen sollen...


    Weibliche Ermittler:
    Bei deinem Posting musste ich spontan an die Fernsehserie "Adelheid und ihre Mörder" denken (finde ich klasse ;o), hier werden ja absichtlich Klischees bedient ("Tippse" ist in Wahrheit klüger als ihre männlichen, studierten Vorgesetzten und löst mit Hilfe ihrer weiblichen Intuition die Fälle), was wiederum zu lustigen Situationen führt. Außerdem wird die Frau, die gegen Klischees zu kämpfen hat, zu einer Sympathie-Trägerin. Dasselbe Prinzip gilt doch auch bei Miss Marple, die erst einmal von den männlichen Polizisten nicht ernst genommen wird, dann aber oft um Rat gebeten wird.


    Babyjane, wie sind denn deine Erfahrungen im RL zu diesem Thema?

  • Der letzte Krimi war Andreas Franz "Teuflische Versprechen" und da hatte Julia Durant einen klasse Vorgesetzten, der sie voll und ganz unterstützt hat und gegen den sie sich auch nicht durchsetzen musste.


    Ansonsten ist mir das noch nicht aufgefallen, dazu lese ich auch zuwenig Krimis.

  • Eine Figur, die sich mit ihrem Vorgesetzten ebenfalls versteht, ist Maria Kallio in dem Roman von Leena Lehtolainen. Allerdings hat die Ermittlerin einen Kollegen, mit dem sie sich ständig auseinandersetzen muß. Das ganze liest sich jedoch relativ spannend, weil die Autorin es versteht, von diesem Widersacher ein vielschichtiges Portrait zu zeichnen.


    @ BJ: Du hast jedoch Recht, die "Endlosschleifen" nerven. Dieses "böser-Vergesetzter-emanzipierte- aufmüpfige-Untergebene-zoffen-sich" nervt.

  • Meistens ist es doch auch in der Realität so, dass es Frauen im Beruf viel schwerer als Männer haben. Sehr oft müssen sie sich mit männlichen Vorgesetzten auseinandersetzen. Warum soll man da in einem Krimi nicht drauf eingehen. Natürlich gibt es auch weibliche Vorgesetzte, die oberätzend sind.


    In diesem Zusammenhang nur das: Frauen schreiben die besseren Krimis!

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Babyjane
    .... in meinem Fall macht sich die gute Dame nonstopp lächerlich, weil ihr männlicher Vorgesetzter nämlich eigentlich ein ganz netter ist, während sie rumzickt ohne Ende.


    Hallo BJ,
    vielleicht hast du gerade eine Goldquelle angebohrt.


    Ich glaube es gibt LeserInnen genug, die gerne mal eine Polizeiprotagonistin hätten, die endlos rumzickt und den netten männlichen Vorgesetzten damit nervt, wobei sie sich auch noch stets lächerlich macht. :lache


    Also, Süße, hau rein in die Tasten und schick dein Produkt an die Verlage. Wer weiß, vielleicht wirst du die neue B.J. Rowling. :grin

  • @ Voltaire:


    Deinen Kommentar


    Zitat

    In diesem Zusammenhang nur das: Frauen schreiben die besseren Krimis!


    würde ich nicht so stehen lassen wollen, würde aber folgenden Satz unterschreiben:


    Frauen schreiben Kriminalromane anders!


    Wenn ich einen Rückblick auf die von mir gelesenen Kriminalromane werfe und so viele sind es nicht, dann würde ich sagen, daß sich die Geschlechter beim Ausschuß das Gleichgewicht halten, bei den gelungenen Werken aber die Herren dominieren. Vielleicht sollte ich dazu mitteilen, daß ich nicht die typische "Whodunnit"-Krimileserin bin, sondern klassische Kriminalromane mit Tiefgang bevorzuge, wo Hintergründe beleuchtet werden und zu den Motiven der Täter etwas mitgeteilt wird.


    Vielleicht noch ein Beispiel für eine Autorin, die mich zu Tode gelangweilt hat: Martha Grimes. Sie war eine der wenigen, die es geschafft hat, daß ich ein Buch schon nach 80 Seiten weggelegt habe. Und das gelingt selten einem Autor!

  • @ Wilma: Werden blutige Details geschildert? Ich hab es ganz gerne, wenn auf solche detaillierten Schilderungen verzichtet wird :wave
    Die Autorin ist mir natürlich namentlich bekannt.


    Bei genauer Beobachtung meines eigenen Lesegeschmacks kann ich allerdings sagen, daß ich nicht bewußt zu männlichem oder weiblichem Autor greife (eingeschränkt natürlich, wenn mir der/die Autor/in bekannt ist und ich seinen/ihren Stil mag).

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    @ Wilma: Werden blutige Details geschildert? Ich hab es ganz gerne, wenn auf solche detaillierten Schilderungen verzichtet wird :wave
    Die Autorin ist mir natürlich naementlich bekannt.


    Keine Angst, Dorothy Sayers (1893-1957) geht sehr blutlos mit ihren Schilderungen um. :-)
    Ihre Haupt-Protagonisten sind auf der einen Seite Lord Peter Wimsey, der auf seine sympathische Art so manche Verbrechen auflöst, auf der anderen Seite die Kriminalschriftstellerin Harriet Vane, die ihren Einzug in die Sayers-Bücher macht mit einem Prozess, in dem sie angeklagt wird, ihren Liebhaber ermordet zu haben.


    Die beiden tauchen immer wieder - alleine oder zusammen - in den Sayers-Werken auf.

  • Ich persönlich mag ja lieber Krimis, die nicht von der Polizei gelöst werden, sondern Detektive oder Menschen wie du und ich drin verwickelt werden und durch Zufälle dem Mörder auf die Schliche kommen.
    Und da hält es sich die Waage und Vorgesetzte spielen da nur untergeordnete Rollen.

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • BJ,
    man muß das im Rahmen der Entwicklung des Krimis sehen.
    Ab Beginn der 80er Jahre kamen vermehrt Krimis auf den Markt, in denen Frauen als Polizistinnen auftraten und zwar als Hauptfiguren. Vor 25 Jahren spiegelte sich darin noch viel Realität, denn damals waren Frauen bei der Polizei in Leitungsfunktionen einfach selten. Die, die es geschafft hatten, hatten ziemlich darum kämpfen müssen. Vor allem in den Mordkommissionen. Jugend und Sitte waren die klassischen Bereiche für Frauen, nicht Kapitalverbrechen. Das war international der Fall, nicht bloß in der BRD oder in den USA.
    Vielleicht erinnert ihr euch an die Anfangssequenz der Fernseh-Serie Charlie's Angels (Drei Engel für Charlie). Da werden die drei Frauen als begabte, engagierte, sportliche Polizistinnen in der Ausbildung gezeigt. Im Arbeitsalltag landeten sie beim Aktenordnen und durften kleine Kinder über die Straße lotsen. Das WAR der Alltag.
    Inzwischen hat sich da einiges geändert.
    Auf dem Krimi-Markt - ein Segment des Buchmarkts, in dem rein ökonomische Erwägungen bestimmen, wie bei anderen Segmenten auch - hat sich diese Form der Alltagsbeschreibung verselbständigt und ist einfach ein Strickmuster geworden.
    Daher entsteht heutzutage beim Lesen so leicht das Gefühl, daß die jeweilige Frauenfigur 'zickt'. Sie zicken tatsächlich, weil der Anspruch, der durchaus ein politischer war, weil er nämlich auf die Veränderung von Arbeitsbedingungen zielte, längst in Vergessenheit geraten ist und diese Art von Auseinandersetzung zwischen männlichen und weiblichen Angehörigen der Polizeibehörden so direkt nicht mehr geführt werden.


    Ich lese diese Krimis längst nicht mehr.
    Was wir brauchen, sind neue Krimis, in denen die veränderten Geschlechterrollen beschrieben werden und die neuen Probleme, die diese wiederum mit sich bringen.


    Und irgendwann, irgendwann kriege ich hier im Forum mal einen Beitrag zustande, der keinen Tipfehler hat!! :bonk

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von magali ()

  • Zitat

    Original von magali



    Ich lese diese Krimis längst nicht mehr.
    Was wir brauchen, sind neue Krimis, in denen die veränderten Geschlechterrollen beschrieben werden und die neuen Probleme, die diese wiederum mit sich bringen.


    Das sehe ich auch so. In den meisten Krimis werden diese oben genannten Handlungen eingebaut, aber das ist nicht nur so, wenn Frauen die Hauptrolle haben, sondern auch die Männer müssen ganz schön kämpfen. ich weiß nicht, wie viel Krimis ich schon gelesen und im TV gesehen habe, bei denen sich der Protagonist (der selbstverständlich auch Probleme im Privatleben hat) gegen einen unangenehmen Vorgesetzten zu Wehr setzen muss und dann (häufig von dem Fall beurlaubt und eine drohende Suspendierung im Nacken)auf eigene Faust loszieht, (natürlich immer am Rande der Legalität). um den Fall zu lösen. Auf Dauer ermüdet das und deshalb stimme ich dir zu, es fehlen neue Krimis. :-)


  • @ Wilma
    Ich glaub du hast mich mißverstanden.
    In meinem derzeitigen Buch ist das so. Der männliche Vorgesetzte ist wirklich nett und lieb und entgegenkommend und baut ihr Brücken wo er nur kann. Und Miss ICHBINABERAUCHWICHTIG reißt die Brücken ein, tritt in einen Fettnapf nach dem nächsten und fragt sich dann auch noch warum alle genervt auf sie reagieren.
    Als ich schon gelesen hab, daß sie zu einem Leichenfund mitten im Wald im Wollkostüm mit Rock und BLuse fährt, hätte ich das Buch am liebsten wieder in die Ecke geworfen.


    (Es handelt sich dabei um das oben von mir verlinkte Buch "Böses Erwachen")


    @ Magali
    Genau das meine ich. Die Krimischreiber hinken der Zeit hinterher. Hier verdreht heute kein männlicher Kollege mehr die Augen, wenn eine Kollegin und ist sie noch so jung und hübsch die Leitung über eine größere Lage hat. Da wird gemacht, was gemacht werden muß und hinterher klopft man sich auf die Schulter, daß es alles geklappt hat. (Aber vielleicht bin ich hier in Köln auch verwöhnt und in den ländlicheren Gebieten hat frau doch noch mehr zu kämpfen, weiß ich nicht...)
    Aber von diesem Geschlechterkampf in Krimis hab ich echt die Nase voll. :-(

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Die Krimischreiber hinken der Zeit hinterher.
    <snip>
    Aber von diesem Geschlechterkampf in Krimis hab ich echt die Nase voll. :-(


    BJ, es sind weniger die Autoren, die für Dauertrends verantwortlich sind, als die Verlage selbst, tw. auch die Buchhändler.


    Autoren, die ihre Werke gedruckt sehen wollen, müssen sich -- Erfolg hin oder her -- nach dem richten, was Verlage bereit sind, unter Vertrag und damit unters Volk zu nehmen, und die Verlage richten sich nach dem, was ihre Vertreter aus den Gesprächen mit den Buchhändlern mitnehmen.
    Da Männer ja bekanntlich keine Belletristik lesen, ist lautet der Dauertrend seit den 1970er Jahren "Geschlechterkampf", der in jedem Genre schon seit einer Ewigkeit ausgelutscht ist, aber derzeit wieder fröhliche Urstände feiert. :fetch


    Wie gesagt: Wenn ihr etwas ändern wollt, werdet aktiv, beschwert euch bei euren Buchhändlern, bei den Verlagen, teilt denen mit, was euch gefällt und was ihr ernsthaft kaufen würdet.


    Solange das Vieh schweigt, muß es sich aus dem Zeug, das ihm vor die Hufe geworfen wird, die Leckereien wählen. :grin

  • Ich glaub aber, dass man mit solchen Konflikten, ob jetzt der Vorgesetzte oder der Kollege, einfach die Story interessanter machen möchte!
    Es ist doch langweilig zu lesen, dass sich alle super verstehen und Friede-Freude-Eierkuchen ist!
    Denn ich schreibe selber, und muss merken, dass ich selbst solche Konflikte und Reibereien eingebaut habe.
    In MNY habe ich einen männlichen Kommissar. Ihn könnte ich natürlich auch eine Frau vor die Nase setzten. Würde für mich keinen Unterschied machen. Denn den Konflikt mit Chef bleibt!



    Blutlose Schilderungen? Seid ihr langweilig ;-)
    Umso blutiger, umso besser! :grin

  • @ Iris:


    Zitat

    Da Männer ja bekanntlich keine Belletristik lesen


    Ein klares Veto und ich wage zu widersprechen :knuddel1. Dann scheinst Du die "richtigen" Männer nicht zu kennen? Mir fallen ohne großes Nachdenken über dieses Thema vier Exemplare ein. Und bitte vergraule sie nicht mit solchen Äußerungen :bruell


    Zitat

    Solange das Vieh schweigt, muß es sich aus dem Zeug, das ihm vor die Hufe geworfen wird, die Leckereien wählen.


    Und ich bin sehr krüsch (sagt man "hier oben", wenn man sehr wählerisch oder/und mäkelig beim Essen ist) :wave