Wer die Nachtigall stört von Harper Lee

  • Ich habe das Hörbuch soeben beendet.


    @ Booklooker
    unsere Posts haben sich vermutlich überschnitten. Ich habe mir dieses Buch bei Audible heruntergeladen, nicht das neue



    Eva Mattes hat ihre Sache wunderbar gemacht und den einzelnen Personen sehr schöne Stimmen gegeben. Es hat mich richtig begeistert und ich finde auch, daß es jeder einmal gelesen haben sollte. Warum ich solange damit gewartet habe, weiß ich allerdings auch nicht :gruebel



    Das neue Buch habe ich mir jetzt aus der Onleihe besorgt

  • Ich habe soeben dieses Buch in Originalsprache beendet und kann mich dem Großteil meiner Vorredner anschließen, dass es großartig ist, ich werde dieses Buch in der Zukunft mit Sicherheit noch mal lesen. Das beste in dem Buch war für mich die Komplexizität und Vielschichtigkeit der im ersten Blick ziemlich einfach und klischeehaft aussehenden Charaktere, die sich im Laufe der Lektüre nach und nach vor den Augen des Lesers entfaltet. Zu loben ist natürlich das großartige Vermögen der Schrifstellerin, sich in die Gedankenwelt eines 6 bis 8-jährigen Mädchens hineinzuversetzen, ohne dabei dieses Mädchen altklug erscheinen zu lassen. Und das mit einer schlichten aber sehr klugen Sprache, die auch literarisch wertvoll ist. Ich würde prinzipiell empfehlen, das Buch in Originalsprache zu lesen, weil die Autorin den Dialekt der Südstaaten genial einsetzt und dabei die Klassenunterschiede in der Gesellschaft bemerkbar macht, ohne viel darüber berichten zu müssen. Besonders die letzten 30 Seiten des Buches haben mich sehr mitgerissen und auch emotional sehr berührt, ich musste im Nachhinein lange darüber nachdenken. Diese Autorin besitzt den Talent, mit wenigen Wörtern und einfachen Dialogen gewaltige Themen zu bearbeiten, die nach wie vor relevant sind. Von mir 10/10 Punkte.

  • Die sechsjährige Jean Louise Finch, Scout genannt, lebt Anfang der 30er Jahre mit ihrem älteren Bruder Jem, ihrem Vater, dem Anwalt Atticus Finch, und der farbigen Haushälterin Calpurnia im tiefsten Süden der USA. Es ist für das Kind ein recht idyllisches Leben, das eines Tages ziemlich erschüttert wird, Atticus wird als „Niggerfreund“ beschimpft, denn er verteidigt den Farbigen Tom Robinson, der wegen eines schweren Verbrechens angeklagt wird. Über Rassismus hatte sich Scout bis dahin keine Gedanken gemacht, doch der Prozess und die ihn begleitenden Ereignisse bringen das Mädchen dazu, die bestehende Gesellschaft zu hinterfragen.


    Erzählt wird von Scout selbst, die als Alter Ego der Autorin, die selbst im Süden aufwuchs und deren Vater ebenfalls Anwalt war, gilt. Der kindliche Mund ist dabei oft sehr weise, aber Scout ist auch ein besonders aufgewecktes, kluges Kind. Sie stellt manche Dinge in Frage, aber längst nicht alle, denn sie ist eben verwurzelt in den herrschenden Verhältnissen. Der Prozess um Tom Robinson nimmt erst in der zweiten Hälfte des Romans Raum ein, bis dahin erleben wir Scouts Alltag, machen mit ihr die Gegend unsicher, lernen die Nachbarn durch ihre Augen kennen, sind, wie sie, enttäuscht von ihrem ersten Schultag, in dem ihr vorgeworfen wird, dass sie schon lesen kann, fürchten uns vor Boo Radley, dem allerhand Schandtaten nachgesagt werden, und sind doch neugierig auf ihn, und freuen uns auf Dill, der die Sommerferien bei seiner Tante verbringt, und der von Truman Capote inspiriert ist, mit dem Harper Lee eng befreundet war.


    Welches Verbrechen Tom Robinson begangen hat, wird zunächst nicht aufgedeckt. Die Gerichtsverhandlung, der Scout, Jem und Dill zusammen mit der farbigen Bevölkerung auf dem Balkon des Gerichtssaals beiwohnt, wird ausführlich beschrieben und am Ende ist der Leser vom Geschworenenspruch genauso schockiert wie die Familie Finch.


    Scouts Kindheitserinnerungen, ihre Streiche, ihre Enttäuschungen und Ärgernisse, ihre glücklichen Momente, haben mich oft an Tom Sawyer denken lassen, dem Scout manchmal sehr ähnlich scheint. Ihr Erzählungen scheinen zunächst gänzlich ohne Bezug zu einem übergeordneten Thema aneinandergereiht, zeigen sich aber dann doch als nicht losgelöst vom Ganzen, sogar Boo Radleys Geschichte erhält Wichtigkeit. Mir haben aber schon die Erzählungen des Alltags der Protagonistin viel Freude bereitet. Der Roman spielt über ca. zwei Jahre und man kann gut Scouts und Jems Entwicklung nachvollziehen. Sehr gut wird auch die Atmosphäre in einer kleinen Stadt in den Südstaaten vermittelt.


    Die Charaktere sind – natürlich – subjektiv geprägt, haben alle aber eine große Tiefe. Die Erzählung ist bildgewaltig, als Leser hat man das Gefühl, dabei zu sein, mit Scout durch ihren Heimatort zu laufen, die Bewohner zu kennen und Atticus ins Herz zu schließen. Scout selbst muss man einfach mögen, sie ist so offen und ehrlich, wie es nur Kinder sein können. Ich fühlte mich von der ersten Seite an gefesselt und habe mich schnell in den Roman verliebt.


    Der Roman war lange Zeit Harper Lees einziger Roman, erst 201 5 wurde ein weiterer veröffentlicht, allerdings wurde dieser bereits vor „Wer die Nachtigall stört“ geschrieben, damals aber vom Verlag abgelehnt und nicht veröffentlicht. Aus diesem Manuskript entstand dann letztlich die „Nachtigall“. „Gehe hin, stelle einen Wächter““ handelt ebenfalls von Scout, allerdings von der erwachsenen Scout. Ich habe den „Wächter“ noch nicht gelesen und weiß auch noch nicht, ob ich es tun werde, denn die „Nachtigall“ ist ein so wunderbarer Roman, der absolut für sich alleine stehen kann, muss ich da noch einmal zu Scout zurückkehren? Womöglich eine ganz andere Scout, einen ganz anderen Atticus kennen lernen? Wahrscheinlich werde ich es trotzdem tun, alleine aus Neugier, aber erst mit gebührendem Abstand …


    Empfehlen kann ich auf jeden Fall, sich die Verfilmung der „Nachtigall“ mit Gregory Peck anzusehen, diese hat zwar nicht ganz die Tiefe des Romans, aber die belebten Bilder haben eine ganz eigene Eindringlichkeit.


    Die „Nachtigall“ ist für mich ein absolutes Lesehighlight, der voller Weisheit und Wärme, aber auch voller Humor steckt. Ich habe diesen Roman, sicher nicht das letzte Mal, begeistert gelesen, für mich ist er eines der Bücher, die jeder einmal gelesen haben sollte. Daher erhält der Roman eine absolute Leseempfehlung und volle Punktzahl.

  • Manche Bücher stehen jahrelang nahezu unbeachtet im Schrank, bis man zu lesen anfängt und sie einen packen und nicht mehr loslassen. „Wer die Nachtigall stört…“ ist für mich ein solches Buch: Ich habe diesen Roman vor einigen Jahren von einer lieben Freundin zum Geburtstag geschenkt bekommen und immer auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, um ihn zu lesen. Das Buch hatte schon bevor ich auch nur die erste Seite gelesen hatte, hohe Erwartungen geweckt, schließlich wurde es beim Überreichen bereits in den höchsten Tönen gelobt. Ich kann nun nach der Lektüre sagen, meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht!


    Harper Lee erzählt aus der Sicht der kleinen Scout Alltagsszenen aus der amerikanischen Kleinstadt Maycomb. Einer der Höhepunkte der Geschichte ist der Prozess um den Farbigen Tom Robinson, der ein weißes Mädchen vergewaltigt haben soll und dessen Verteidigung Scouts Vater Atticus übernommen hat. Scout berichtet von diesem Prozess und von allen damit zusammenhängenden Begebenheiten als Augenzeugin.


    Die Autorin schreibt in einer klaren, schnörkellosen, unverschachtelten Sprache, mit der sie stets den Fokus auf das Wesentliche lenkt. Durch Scouts Schilderungen ist man als Leser mitten drin im Geschehen und nimmt alle Begebenheiten durch Scouts Augen und Empfindungen war. Man darf allen Ereignissen selbst als Kind beiwohnen – ich denke, dass dies den besonderen Reiz der Geschichte ausmacht.


    Scouts Sicht der Dinge ist nicht ausnahmslos unvoreingenommen, z.B. wenn sie auf ihren Nachbarn Boo Radley zu sprechen kommt. Aber sie hat ein unvoreingenommenes Empfinden, wenn es um die Einschätzung von Ungerechtigkeiten geht und sie stellt ihrem Vater die passenden Fragen, über die sich so manch ein Erwachsener immer noch oder wieder Gedanken machen sollte. Es braucht ihre kindliche Unschuld, um diese Geschichte in dieser Form überhaupt erzählen zu können.


    Und ja, der Kern des Buches hat von seiner Aktualität nichts eingebüßt, auch wenn Harper Lee ihre Erzählung schon vor rund 60 Jahren geschrieben hat. Ein Klassiker, den man einfach jedem ans Herz legen möchte und den ich ganz, ganz sicher irgendwann noch einmal lesen werde. So macht man das doch mit Lieblingsbüchern, oder?

  • Anfang der Dreißiger Jahre lebt die achtjährige Jean Louise Finch, genannt Scout, in der Kleinstadt Maycomb im US-Bundesstaat Alabama. Das Mädchen ist neugierig und liebt es, mit ihrem älteren Bruder Jem den Ort zu erkunden und Abenteuer zu erleben. Für ihr Alter ist Scout bereits recht clever und intelligent. Doch das bringt ihr nicht nur Vorteile. In der Schule wird sie von der Lehrerin gerügt, weil sie bereits lesen kann, obwohl das im Unterrichtsstoff erst viel später kommt. Am liebsten würde sie daher ganz von der Schule fernbleiben, doch ihr Vater, der Anwalt Atticus Finch, lässt das nicht zu. Unter anderem weil er sich auf einen bald startenden Gerichtsprozess vorbereiten muss. Der junger Afroamerikaner Tom Robinson wird beschuldigt, eine weiße Frau vergewaltigt zu haben. Sollte er schuldig gesprochen werden, droht ihm die Todesstrafe. Als der Prozess beginnt, schleichen sich Scout und Jem heimlich in den Gerichtssaal, um nichts von der Verhandlung zu verpassen …

    Harper Lees „Wer die Nachtigall stört“ zählt zu den Klassikern der Amerikanischen Literatur. Warum das so ist, kann ich sehr gut nachvollziehen. Die Geschichte ist einfühlsam erzählt und weiß das Leben im ländlichen Alabama sehr authentisch darzustellen. Interessanterweise verfügt der Roman über gar keinen ausgefallenen Plot. Die eigentliche Handlung beginnt auch erst im zweiten Teil des Buches. Dennoch ist Harper Lee durch eine clevere Prämisse ein kleines Juwel gelungen: Sie schildert die Geschichte aus der naiven Sicht eines kleines Kindes und kann so durch geschickte Fragstellungen allerlei Heuchelei aufdecken. Zum Beispiel, weshalb die Lehrerin Adolf Hitlers Umgang mit den Juden stark verurteilt, gleichzeitig aber für die Unterdrückung der Afroamerikaner im eigenen Land ist. Durch Scouts Augen erfährt man viel vom damaligen Alltag im weißen Alabama und wie es den Afroamerikanern in dieser Zeit erging.

    Mit seinen vielen interessanten Charakteren und durch die Erzählweise erinnerte mich die Story ein wenig an Fannie Flaggs „Grüne Tomaten“ sowie an Mark Twains „Tom Sawyers Abenteuer“. Letzteres vor allem wegen der Streiche und Abenteuer, die Scout und Jem vor allem im ersten Teil des Romans aushecken.

  • Wieder ein Buch, was ich nur in der "Kunstform" der Graphic Novel gelesen habe.


    ASIN/ISBN: 3499218224


    Anders hätte ich zu der Geschichte keinen Zugang gefunden, den Film habe ich auch noch nie geschaut. Das Cover zeigt ja schon schön den Fokus, ich fand es gut, wie ein Umfeld, die Unbeschwertheit von Kindern rauben kann...das sah man für mich gerade an Jems Entwicklung im Buch sehr gut. Atticus' ist eine faszinierende Figur ja, die Kinder stellen selbst ihn für mich in den Schatten. Es ist sehr geschickt, die Geschichte so aufzubauen. Atticus erinnerte mich an Jake Brigance aus die Jury, durch den Perspektivenverschub auf die Kinder kam die Geschichte aber für mich nochmal mehr heraus.


    Die Wertevermittlung in dem Buch kommt gut durch, die Graphic Novel ist auch sehr textlastig, ich kann dem Text im Buch da nur ahnungslos glauben, dass es nah an Harper Lees Schreibstil geblieben ist. Die Bilder sind ebenso ausdrucksstark wie die Geschichte selbst. Es hat mir gefallen, aber es hat mich nicht so bewegt wie es bspw. Die Jury getan hat.