Originaltitel: En helt vanlig familj [auf Deutsch: Eine gewöhnliche Familie] (2018)
Limes Verlag 2019, 541 Seiten
Über den Inhalt:
Lund, Schweden: Adam, Ulrika und Stella sind eine ganz normale Familie. Adam ist Pfarrer, Ulrika Anwältin und Stella ihre rebellierende Tochter. Kurz nach ihrem 19. Geburtstag wird ein Mann erstochen aufgefunden und Stella als Mordverdächtige verhaftet. Doch woher hätte sie den undurchsichtigen und wesentlich älteren Geschäftsmann kennen sollen und vor allem, welche Gründe könnte sie gehabt haben, ihn zu töten? Jetzt müssen Adam und Ulrika sich fragen, wie gut sie ihr eigenes Kind wirklich kennen – und wie weit sie gehen würden, um es zu schützen …
Über den Autor:
Mattias Edvardsson lebt mit seiner Frau und den beiden gemeinsamen Töchtern außerhalb von Lund in Skåne, Schweden. Wenn er keine Bücher schreibt, arbeitet er als Gymnasiallehrer und unterrichtet Schwedisch und Psychologie.
Meine Meinung:
Auf den ersten Blick betrachtet eine harmonische Familie: Vater Adam ist Pfarrer, Mutter Ulrika Anwältin und die neunzehnjährige Tochter Stella arbeitet bei H&M, um sich ihren Traum, eine Asienreise, zu verwirklichen. Sie leben gemeinsam in einer Vorortsiedlung in Lund. Ihre Welt gerät komplett aus den Angeln, als Stella des Mordes verdächtigt wird.
Die Geschichte ist in drei chronologisch aufeinander folgende Teile unterteilt, jeder wird von einer anderen Person in der Ich-Form erzählt. Die eingeflochtenen Rückblenden geben das von allen Dreien Erlebte jeweils aus eigener Sicht wider. Den Anfang macht Adam, gefolgt von Stella und Ulrika. Nicht nur die Perspektive ändert sich, auch die Sprache. Dabei gelingt es dem Autor, die unterschiedliche Denk- und Redeweise sowie die Gefühlswelt der drei Personen glaubhaft und nachvollziehbar darzustellen. Sehr deutlich wird das auch in der jeweiligen Beschreibung von Stellas bester Freundin Amina.
Interessante Fragen wirft das Buch auf, mit deren Beantwortung man sich bis zum Ende der Geschichte Zeit lassen sollte: Wie weit sind Eltern bereit zu gehen, um ihr Kind zu schützen? Was ist Freundschaft wert? Was ist richtig oder falsch? Was ist Wahrheit, was ist Lüge? Wie gut kennst du dein Kind, deinen Partner, deine Freundin? Hält die Familie dieser Zerreißprobe stand?
Mattias Edvardsson gestaltet seine Charaktere lebendig, ihre Gefühle fühlen sich echt an und mit jedem Teil wechselte mein Sympathie und wuchs gleichzeitig mein Verständnis für ihre Handlungen und Reaktionen. Ihren Zwiespalt, gerade weil sie ein Pfarrer und eine Anwältin sind, ob ihnen ihre Berufe nützen oder von Nachteil sind, konnte ich deutlich spüren. Die kluge, rebellische Stella wuchs mir im Lauf der Geschichte sehr ans Herz.
Eigentlich ist das Buch kein Krimi, auch wenn es um ein Verbrechen geht. Es ist ein spannender Roman über Liebe, Jugend, Beziehungen, Freundschaft, Ehe, Familie und Zusammenleben. Ob Stella schuldig ist, stellt sich erst ganz am Ende des Buches heraus, bis dahin bietet der Autor viele Gedankenspiele an, wie es denn gewesen sein könnte.
Ich war mir zu Beginn nicht sicher, ob mir das Buch gefallen würde, wurde aber sehr schnell in einen Lesesog hineingezogen, dem ich mich nicht entziehen konnte und habe das Buch an einem Tag ausgelesen. Ich wollte unbedingt wissen, wie es endet und wurde am Schluß mit einer Auflösung belohnt, die absolut schlüssig ist und mir sehr gut gefallen hat.