Legende vom Glück ohne Ende - Ulrich Plenzdorf

  • Kurzbeschreibung:
    Paul und Paula kennen sich schon seit Kindertagen, doch irgendwann verlieren sie sich aus den Augen. Paul hat ein bildhübsches Mädchen geheiratet; Paula, mit zwei Kindern von zwei Männern, ist entschlossen, dem Werben eines ältlichen Herrn nachzugeben – da begegnen sich Paul und Paula wieder. Jetzt türmen sich die Komplikationen, bis schließlich alle Komplikationen, die eine ganz große Liebe mit sich bringt, der allerletzten Komplikation Platz machen müssen: Paulas Tod.
    Hier endet der erste Teil des Buches; und hier endet die Story Die Legende von Paul und Paula .
    Der zweite Teil des Buches ist die Fortsetzung der Legende mit Laura und Paul. Laura nimmt sich des von allem Glück verlassenen Paul und der Kinder an. Es geht aufwärts, bis Paul von einem Kollegen etwas erfährt, das zerstörerische Kraft hat.


    Über den Autor:
    Ulrich Plenzdorf wurde 1934 in Berlin geboren. In Leipzig studierte er Philosophie, später absolvierte er die Filmhochschule. Seit 1963 arbeitete er als Szenarist im DEFA-Studio. Bekannt wurde er 1973 mit seinem Roman „Die neuen Leiden des jungen W.“, dessen Theaterfassung 1973/1974 das meistgespielte Stück auf ost- und westdeutschen Bühnen ist. 1973 erschien „Die Legende von Paul und Paula“ als DDR-Film, nach dem Drehbuch von Ulrich Plenzdorf. Die Bühnenfassung unter dem Titel „Paul und Paula“ wurde 1979 noch vor der Premiere abgesetzt, Plenzdorf schrieb einen Protestbrief an Erich Honecker. 1979 erschien die Romanfassung unter dem Titel „Die Legenden vom Glück ohne Ende“, in der die Geschichte weitergeführt wird. Plenzdorf schreibt diverse Drehbücher und wurde 1994 Drehbuchautor der Serie „Liebling Kreuzberg“ mit Manfred Krug. 2004 war er Gastdozent am Deutschen Literaturinstitut Leipzig.


    Auszeichnungen:
    1973 Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR
    1978 Ingeborg-Bachmann-Preis


    Meine Meinung:
    Die Legende vom Glück ohne Ende ist eines dieser merkwürdigen Bücher, die mich beim Lesen gefangen nehmen, aber sobald ich sie einmal unterbrochen habe, mich kaum zum Weiterlesen reizen.
    Als sich Paul und Paula nach Jahren wieder sehen, sind sie beide mit ihrem Leben unzufrieden und unglücklich und sehnen sich nach der großen Liebe. Paula erkennt zuerst, dass es nur einen Mann, nämlich Paul, für sie geben kann. Doch bis sie schließlich zusammenfinden, muss noch einiges geschehen. Das Glück in dieser Legende ist unvorstellbar groß und unvorstellbar kurz und der Leser bekommt eine Ahnung davon, wie sich eine tiefe Liebe anfühlt.
    All die Geschichten um Paulundpaula (<- wird auch im Buch so geschrieben, was ich als Demonstration der Zusammengehörigkeit der beiden sehr schön finde) und die von Paul und Laura werden von der namenlosen Nachbarin und Vertrauten der drei erzählt, die von sich selbst als „meine Person“ spricht. Sie trennt rückblickend all die Legenden von den tatsächlichen Ereignissen um Paulundpaula und Laura, in einer Art, in der sie es einer guten Freundin oder ihren erwachsenen Kindern erzählen würde, gespickt mit Zitaten und rückblickenden Kommentaren der Hauptfiguren, was mir sehr gut gefallen hat. Beispiel: Paulundpaula treffen sich zufällig zum ersten Mal (beim Tanzen) wieder, beide sind mit der Motivation da, sich aus Frust zu betrinken und jemanden abzuschleppen:


    Zitat

    Suhrkamp-Ausgabe, S. 27/28:
    Die Frau griff sich Paul. „Sie hat mich regelrecht vom Barhocker gezerrt. Entweder sie wollte ihrem Mann etwas beweisen oder sie war tatsächlich scharf auf mich, oder beides“. – Paul. […]
    Paula ging es mit ihrem Schauspieler nicht viel anders gegangen. Auch er ließ sie machen, was sie wollte. Er ließ sie so verrückt tanzen, wie sie wollte, sorgte nur immer rechtzeitig für einen Schluck, und mit der Zeit fing Paula an, auf Tuchfühlung zu gehen. „Es sollte ja noch mehr passieren als das Gehampel, und die Zeit lief“. – Paula.“


    Mir hat der Teil mit Paulundpaula besser gefallen als der mit Laura, denn sie ist mir immer etwas suspekt gewesen und ich hatte auch den Eindruck, als sei dieser Teil (der ja auch im Nachhinein geschrieben wurde) zwar schon irgendwie durchdacht, aber nicht mit ganzem Herzen geschrieben worden. Vielleicht lag es aber auch daran, dass nicht nur Pauls, sondern auch mein Herz weiter an Paula hing.

  • Ja, hm. Was schreibe ich jetzt zu diesem Buch, das auch für mich


    Zitat

    Original von milla
    eines dieser merkwürdigen Bücher, die mich beim Lesen gefangen nehmen, aber sobald ich sie einmal unterbrochen habe, mich kaum zum Weiterlesen reizen


    war?
    Zum Glück hatte ich am WE die Möglichkeit, es fast in einem Rutsch durchzulesen, nachdem ich es vom "Geerbt"-SUB geschnappt hatte.


    Ich wurde beim Lesen das Gefühl nicht los, dass es sich hierbei um eine Art von Parabel handelt und weniger um eine "echte" Erzählung, auch wenn ich beim Hinterher-Nachrecherchieren so g'schwind auf nichts in dieser Hinsicht gestoßen bin.
    Manches in der Handlung fand ich - dazu passend - sehr überkonstruiert, ZU zufällig, gar absurd (Pauls "Ausflug" über die Grenze im Rollstuhl - und wieder zurück; der war aber schon herrlich-absurd-komisch :lache).


    So insgesamt kann ich irgendwie wenig dazu sagen - ich glaube, das ist eines jener Bücher, die man nicht einfach mit "gefällt mir/gefällt mir nicht" bezeichnen kann. Mir sind allerdings ein paar Teilaspekte besonders aufgefallen bzw. haben Fragen bei mir aufgeworfen, Denkanstöße gegeben.


    So z.B. von der Erzählerin ständig die Hinweise darauf, was in der Geschichte von "Paulundpaula" Legendenbildung ist, wie sie bis heute erzählt wird - und wie es hingegen wirklich war (nämlich manches weniger dramatisch, weniger mystisch). Das erinnerte mich daran, dass es das oft bei Paaren gibt - dass z.B. im Rückblick das Kennenlernen oder bestimmte Ereignisse besonders ausgeschmückt werden, eine schicksalhafte Bedeutung bekommen, dass es "Zeichen" gegeben hat usw.
    Auch wenn das eigentlich auch so märchenhaft ist : als Paul um Paula wirbt, einen Sitzstreik vor ihrer Tür beginnt und die Tür mit Kreideherzen bemalt, die dann als Symbol aufgegriffen werden und quasi als "Graffiti" durch die ganze Stadt getragen werden - da habe ich hemmungslos geheult, weil ich das so ein wunderschönes, starkes Bild fand...
    Paulas Tod - obwohl schon vorab klar - empfand ich als unnötige Härte. Das wollte ich da so nicht lesen. :rolleyes
    Aber klar: es steht ja unübersehbar auf dem Cover: "Legende vom Glück ohne Ende". Es ist eine Legende, eine Mär, nicht real. Glück ist nicht unendlich.


    Der zweite Teil mit "Laura-Paula" kam mir irgendwie länger vor als der erste. Und ich gebe zu, ich hatte auch auf ein Wunder gehofft, dass Paula doch irgendwie mystisch-magisch zurückkehrt. Aber nein, es war alles viel einfacher - und obwohl ich bei der Erklärung für das Auftauchen Lauras etwas Systemkritik gewittert habe, stand für mich die Frage im Vordergrund: ist es nicht manchmal so, dass eine neue Liebe (Laura) so aussieht wie eine "gestorbene" (= alte, vergangene) Liebe (Paula) - dass genau darin die Anziehungskraft besteht, und auch die Enttäuschung, WEIL sie eben nicht identisch ist - wie auch die Enttäuschung des ähnelnden Partners, wegen der Ähnlichkeit und nicht um seiner selbst willen geliebt zu werden?
    Und wie Paul wiederum sich an Lauras Regeln anpasst, sich selbst untreu wird, um sie zu halten...


    Ich habe den Eindruck gewonnen, dass in diesem Büchlein eine Menge an Symbolik steckt - sicher auch hinsichtlich (satirischer??) Kritik an der damaligen DDR.
    Ein rätselhaftes Buch, das man sicher mehrmals lesen müsste...


    Und obwohl es nach dem Original-Drehbuch geschrieben wurde, kann ich mir die Geschichte von Paul und Paula (Teil 1) irgendwie so gar nicht als Film vorstellen... :rolleyes Sollte ich mal zufällig drüber stolpern, werde ich ihn mir aber auf jeden Fall anschauen. :-)

  • Juhuuu, endlich jemand, der das Buch auch gelesen hat! :freude
    Ich kann mich zwar nicht mehr an alles erinnern, aber du hast mir so manches Gefühl, dass ich beim Lesen hatte, durch deine Gedanken wieder hochgeholt, danke dafür!!


    Als Film kann ich mir die Geschichte auch nicht vorstellen, aber ich werde ihn mir wohl nicht ansehen...


    Und was das mehrmals-Lesen angeht, Paulundpaula bleiben definitiv auch in meinem Regal :-]

  • Es ist lange her, dass ich das Buch verschlungen habe. Es ist eine Legende, was geschieht ist legendär... Die Geschichte traumwandlerisch und verträumt - irreal und doch so verdammt wahr.
    Gerade auch in seiner ungewohnten Erzählform hat es mich angesprochen.
    Ich muss es glatt bei Gelegenheit nochmal lesen.


    Der Film zur Legende von Paul und Paula ist ja gewissermaßen Kultfilm diesseits der ehemaligen Grenze. Das Drehbuch stammt auch von Plenzdorf (sollte das Buch tatsächlich erst danach geschrieben worden sein??) - Jedenfalls ist auch der Film ein absolutes Highlight...

  • Das Buch wurde tatsächlich nach dem Film geschrieben, es erschien erst sechs Jahre später, 1979. Daher auch die Geschichte mit Laura, eine Fortsetzung und Trost für Paul.
    Es gab ein Theaterstück mit dem Stoff, das erhielt aber, wenn ich es recht weiß, Aufführungsverbot noch vor der Premiere.


    Gelesen habe ich das Buch nicht, weil ich 'Bücher zum Film' nicht recht mag. Darüberhinaus ist Plenzdorf leider nicht 'mein' Autor.


    Den Film allerdings finde ich hinreißend und verrückt, schon mehrfach gesehen, steht natürlich im Regal und wird immer wieder mal herausgezogen. Aber daran hat auch Carow seinen Anteil. Von den Schauspielern gar nicht zu reden.
    :grin


    Wie auch immer, die Geschichte sollte man sich nicht entgehen lassen.


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • @ milla


    puh, da bin ich ja beruhigt, dass es bei Dir Ähnliches ausgelöst hatte! :-] Ich hatte mich schon fast nicht getraut, das alles hier zu posten, weil es mir irgendwie so "gewagt" vorkam! :knuddel1


    Zitat

    Original von licht
    Die Geschichte traumwandlerisch und verträumt - irreal und doch so verdammt wahr.


    Du bringst es exakt auf den Punkt :-] - genau darin liegt wohl der ganz eigentümliche Zauber des Buches.


    Zitat

    Original von magali
    weil ich 'Bücher zum Film' nicht recht mag


    genau so geht's mir normalerweise auch. Hätte ich es nicht geschenkt bekommen - ich weiß nicht, ob ich es mir je gekauft hätte :-)


    Ich muss doch jetzt hier mal angeben... :chen
    Obwohl ich ihn noch nicht gesehen habe, ist mir der Film schon ein Begriff (eben, Kultfilm, damals). Und letztes Jahr auf der Buchmesse bin ich Angelica Domröse begegnet - sehr beeindruckend, Aura einer GrandeDame, noch so richtige Diva - und ICH hab ihr die Hand schütteln dürfen, mich mit ihr unterhalten und sie ist sowas von super-nett!!! :-]
    Das war wohl so ziemlich DAS Highlight an jenem Tag! :hop