Streeruwitz, Marlene: Jessica, 30

  • Inhalt


    Die Protagonistin Jessica ist 30 Jahre alt, Journalistin auf Jobsuche und unterhält eine Affäre mit einem ÖVP-Staatssekretär, die allerdings auch schon an Reiz verliert. Jessica ist sehr angepasst, stets bemüht, alle Erwartungen zu erfüllen. Sie unterwirft sich dem Modediktat genauso wie dem Schlankheitswahn. Das, was ihre Umgebung von ihr hält, scheint ihr wichtig zu sein. Doch in ihrem Inneren sieht es anders aus. Nächtliche Fressorgien muss sie am nächsten Tag abjoggen, den angebotenen Job in einem Mode- und Lifestylemagazin findet sie nicht unbedingt erstrebenswert und ihrer vergangenen „echten“ Liebe Alfred trauert sie nach.
    Sie hetzt durch das Leben, im wahrsten Sinne des Wortes. Und dann stößt sie auf eine ganz heiße Story, in die ihr Geliebter verwickelt sein soll, in Zusammenhang mit Politik, Frauenhandel und Prostitution....


    Das Buch macht im wahrsten Sinne des Wortes atemlos. Der stakkato-artige Stil, verpackt in einen von Jessica geführten Monolog ist mühsam zu lesen, fordert vollste Konzentration. Die 3 Kapiteln bestehen jeweils nur aus einem Satz, unterbrochen von einigen wenigen Dialogen.


    Leseprobe:
    "…dass einem das Leben wichtig ist und nicht das Funktionieren, die Mama die war Weltmeisterin in Fassadengestaltung, die war ja nicht einmal nach dem Schlafen unfrisiert, nie, das war die nie, und das wollte sie für sich, das wollte sie gegen mich und damit hat sie mir dann eigentlich beigebracht, außerhalb zu sein, die Person, die schaut und nicht die, die angeschaut wird, deshalb sitze ich so schwer in mir und schaue hinaus und kann mich selber nicht sehen…"


    Meine Meinung


    Inhaltlich erfolgt ein Rundumschlag auf die Gesellschaft und vor allem auf die österreichische Politik. Hintergrund der Handlung sind die Koalitionsverhandlungen im Jahr 2000 ÖVP/FPÖ. Streeruwitz scheut nicht davor zurück, namhafte Politiker beim Namen zu nennen und mich wundert es eigentlich, dass dieses Buch beim Erscheinen nicht mehr Aufsehen erregt hat.


    Fazit: ein ganz „anderes“ Buch! Für Nicht-Österreicher möglicherweise nicht ganz einfach, weil oft und viel im österreichischen „Politiksumpf“ gerührt wird.
    Aufgrund der Eigenart von Sprache und Stil erinnert mich das Buch oft an Elfriede Jelinek, wobei es Streeruwitz leider nicht schafft, der Großmeisterin in Sachen Sprache und Stil das Wasser zu reichen.


    Über die Autorin


    Geboren in Baden bei Wien / Niederösterreich.
    Studium der Slawistik und Kunstgeschichte.
    Journalistin der Öko-Zeitschrift "Natur ums Dorf".
    Beratungstätigkeit für Aktionen der Landschaftswiederherstellung.
    Erste literarische Erfolge ab 1986.
    Freiberufliche Schriftstellerin und Regisseurin.
    Lebt in Wien.


    Sie hat auch eine sehr bemerkenswerte Homepage:
    www.marlenestreeruwitz.at