Die Schachnovelle - Stefan Zweig

  • Meine Meinung:


    Noch nicht einmal 24 Stunden dauert die Rahmenhandlung dieser kleinen Novelle und doch steckt in ihr die Geschichte mindestens eines ganzen Lebens. Poetisch und kraftvoll ist die Sprache, in der die Episode auf dem Passagierdampfer geschildert wird. Der Erzähler, ein namenloser Passagier, erkennt den berühmten Schachweltmeister Mirko Czentovic unter den Reisenden und versucht mit allerlei Tricks den unnahbaren Prominenten zu einer Partie Schach oder zumindest zu einem Gespräch zu bewegen. Bei einer bezahlten Partie zwischen dem Weltmeister und einem impulsiven Iren mischt sich ein unbekannter Mann ein, der durch sein Können Spieler und Zuschauer überrascht. Dieser Dr. B. ist Mittelpunkt des Geschehens, seine Geschichte erschüttert und berührt den Leser und lässt ihn atemlos dessen Lebensgeschichte und das aktuelle Geschehen verfolgen. Sein Gegner, intellektuell nur mäßig begabt, aber ungeschlagenes Schachgenie, ist der unnahbare Gegenpol. Sprachgewaltig trotz seiner Nüchternheit fasziniert die Schachnovelle von Beginn an und hinterlässt am Ende eine Traurigkeit und einen tiefen Eindruck, der sich durch weiteres Nachdenken, das zwangsläufig erfolgt, noch verstärkt.


    Absolute Leseempfehlung!! :anbet

  • Meine Mutter hat mir das Buch neulich empfohlen, als ich mal wieder vor ihrem Bücherregal stand, weil ich in meinem nichts mehr gefunden habe... Naja, ich habe als Schüler eine ziemliche Abneigung gegen Novellen, Dramen & co. aber das Buch hat mich dann doch positiv überrascht. Vorallem der Zwischenteil mit der Isolierhaft hat mir echt gut gefallen, es ist einfach wahnsinnig was ein mensch seinem Gehirn unter solchen Umständen zumuten kann... Wer würde sonst gegen sich selbst Schach spielen können??? :rolleyes

    "But I don't want comfort. I want God, I want poetry, I want real danger, I want freedom, I want goodness. I want sin."
    "In fact," said Mustapha Mond, "your're claiming the right to be unhappy."
    - Brave New World

  • Ich hatte die "Schachnovelle" schon so lange im Bücherregal stehen, nun habe ich sie endlich zur Hand genommen und war auch sehr begeistert!
    Da war eine unglaubliche Spannung drin.
    Auch der Schluss war "schrecklich" gut. Schlimm, in was für einen Sog Menschen geraten können...

    :lesend Ich lese: "Weit übers Meer" von Dörthe Binkert


    - Beständigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg -

  • Ich fand das Buch auch wahnsinnig interessant, habe es auch in einem Rutsch ausgelesen.
    Da ich auch - nur zum Spaß - manchmal Schach spiele war es für mich doppelt so spannend, weil ich die Faszination die mit dem Spiel dahergeht sehr gut nachvollziehen kann.


    Klasse Lektüre, die werde ich auf jeden Fall nochmal lesen!

  • Ich habe das Buch zwecks eines Referates gelesen - es hat mich ziemlich überzeugt. Ich bin vernarrt in alles was mit Psychologie zu tun hat und deswegen war es ein Glückstreffer, dass gerade mir Stefan Zweig zugeteilt wurde. Ich schätze alle seine Werke, aber die Schachnovelle, ist eins der hervorragendsten Werke. Mir gefallen vor allen Dingen die Beschreibungen vom Verhalten der Menschen, z.B. als die Psychose wieder einzusetzten beginnt und auch schon während des bedeutenden Schachspiels. Ich finds fazinierend. - Meine Meinung. :-)


    Caro

  • Zitat

    Original von Luthien
    Ein sehr beklemmendes Buch, das mich schon berührt hat.


    Der Film hat mir allerdings mindestens genau so gut gefallen


    LG Luthien


    Das Buch fand ich sehr interessant, wir haben es als Lektüre gelesen. Die eigentliche Handlung war merkwürdig, als es aber um die lange Haft geht und man den wahren Hintergrund der Geschichte entdeckt, wird es richtig spannend. Die Erzählung von Dr. B. Eine lustige Geschichte für Zwischendurch ist es auf jeden Fall nicht. Die Schachnovelle regt viel zum Nachdenken an, weil sie auch ein wirklich kritisches, aber sehr interessantes, Thema behandelt.
    Ich bereue es nicht, das Buch gelesen zu haben.


    Den Film fand ich im Gegensatz zum Buch sehr langatmig und teils richtig merkwürdig. Meiner Meinung nach wurde die Geschichte nicht sehr gut in Szene gesetzt.

  • Auch ich habe das Buch in der Schule gelesen und ich fand es gut. Im Gegensatz zu allen anderen hat mir die Binnenhandlung nicht so gefallen... wieso hab ich immer eine eigene Meinung?

    Ein Deutscher ist großer Dinge fähig, aber es ist unwahrscheinlich, dass er sie tut. (Friedrich Nietzsche)

  • Ich war gerade anderthalb Stunden lang in dieses Buch vertieft - ich weiß gar nicht, ob ich schon jemals ein Buch am Stück gelesen habe, ohne zumindest auf die Toilette zu gehen oder so - und bin noch ganz erfüllt davon. Es hat mir sehr gut gefallen, auch wenn ich meine Gefühle recht schwer in Worte fassen kann. Da hat einfach alles gestimmt, eine runde Sache. - Ich bin sehr beeindruckt.

  • Leider Gottes haben die Meisten nur sehr schlechte Erinnerungen an dieses (und viele andere) Buch weil es in der Schule quasi pulverisiert, sprich durchgenommen wurde. Eigentlich kein Problem, jedoch haben in meinen Augen die wenigsten Lehrer Ahnung davon wie man Jugendliche ans Lesen heranführt.
    Dieses Buch ist zu unrecht auf die "schwarze Liste" der Schullektüre gesetzt worden, denn es ist ein wirklich faszinierendes Buch für JEDEN Leser.
    Eindeutig 10/10 Punkte!!!!

  • Ich hab es nicht in der Schule gehabt und dementsprechend habe ich es sehr gern gelesen und finde es immer noch klasse. Eines der Bücher, die wirklich im Gedächtnis bleiben. Sehr beeindruckend!

    "Ich bin dreimal angeschossen worden – was soll man da machen." (Robert Enke)


    "Accidents" happen in the dark.

  • Auch mich hat die "Schachnovelle" begeistert. Sprachgewaltig, inhaltlich fesselnd und zum Nachdenken anregend ist diese Novelle, die zu Recht als einer der ganz großen Klassiker gilt. Jedes einzelne Wort sorgsam gesetzt, keines zuviel - ein Meisterwerk.

  • Zitat

    Original von Dichterdämon
    In Zwickau ist der Bürgermeisterkandidat der CDU in einem Interview gefragt worden, welches Buch er als letztes gelesen hat. Seine Antwort war "Die Schachnovelle von Kafka" :pille :rofl :rofl :rofl :rofl :rofl :rofl :rofl


    Haha. Ja, das kann schon mal passieren, denn die Schachnovelle hat ja tatsächlich, zumindest nach meinem Empfinden, kafkaeske Züge. Dr. B's Gefangenschaft bei den Nazis und seine Rettung vor dem Wahnsinn alleine dadurch, dass er in Gedanken mit sich selbst Schach spielt, hat ja durchaus etwas Alptraumhaftes.


    Was die Geschichte für mich so interessant macht sind im Grunde zwei Punkte.
    1: Zweig sagt uns ja, dass das Große und Starke, das sich seiner Größe und Stärke zu sicher ist, jederzeit auch fallen kann.
    2: Er sagt uns, dass ein starker Wille unbezingbar ist und am Ende triumphieren wird.


    Vielleicht war das der Zweckoptimismus des Emigranten. Die Szene auf dem Schiff, wo das Schachspiel stattfindet, kannte Zweig sicher von seiner eigenen Überfahrt nach Südamerika nur zu gut. Dr. B ist dann das Alter Ego von Zweig. So stark gegenüber den Nazi-Schikanen wäre er auch gern gewesen. Ich hätte es ihm von Herzen gewünscht, aber er hat es nicht geschafft und sich in Brasilien das Leben genommen.


    VG Helmut

  • Zitat

    Original von mankell
    Auch mich hat die "Schachnovelle" begeistert. Sprachgewaltig, inhaltlich fesselnd und zum Nachdenken anregend ist diese Novelle, die zu Recht als einer der ganz großen Klassiker gilt. Jedes einzelne Wort sorgsam gesetzt, keines zuviel - ein Meisterwerk.


    Und zudem noch mit allerlei Interpretationsmöglichkeiten. Ein Klassiker, den man immer mal wieder lesen kann und der zum Nachdenken anregt. Zweig zeigt sich hier als Meister der Worte, Beschreibungen und der Textkomposition. :anbet

  • Der Einschätzung eines nicht gänzlich unbedeutenden Kritikers zufolge frage man sich, wenn man die „Schachnovelle“ gelesen habe: „Na und?“. Sie gebe keinen Anlass zu tieferen Überlegungen. Nun weiß ich zwar nicht, was Ebenjener unter eben diesen tieferen Überlegungen versteht, ich hatte jedenfalls allerlei zum Nachdenken. Nicht zuletzt über die (Sehn-)Sucht des Menschen, einen Moment am Ruhm teilhaben zu wollen, nicht zuletzt über des Menschen Wille, über andere herrschen zu wollen und sei es gedanklich, und schon gar nicht zuletzt über des Menschen Eitelkeit.


    Mich hat die „Schachnovelle“, wiedergelesen anlässlich einer Leserunde, zutiefst berührt. Es ist ja ein nicht Geringes, um was es da geht: Wie die Farben des Schachspiels stehen sich da zwei Männer gegenüber, der eine gar nicht dumm, man mag wohl sagen mit Bauernschläue gesegnet, auf einem Gebiet fast ein Genie, ausgestattet mit einem schon brutal zu benennenden Egoismus, der andere hochgebildet, wie ein Feingeist kommt er mir vor, durch spezielle Folter an des Wahnsinns Pforte klopfend – und bietet Zweig mir nicht fast an, dem einen schwarz, dem anderen weiß zuzuordnen? Sie stehen sich gegenüber in einem Spiel, dem angeblich der Zufall nichts anzuhaben vermag und dass man Spiel fast nicht mehr zu nennen wagt, aber das scheint mir doch nur Illusion, denn wann hätten denn zwei Spieler exakt die gleichen Voraussetzungen? Czentovic und Dr. B., die Protagonisten dieser kleinen, wunderbar gezeichneten Studie, haben sie jedenfalls nicht; Gewinner waren sie beide, der eine verlor beinahe alles, der andere muss erst lernen zu verlieren. Diese beiden stehen sich gegenüber in einem Duell, bei dem die „Gleichheit der Waffen“ nur scheinbar gegeben ist, zu deutlich tritt die „Achillesferse“ hervor, als dass ein skrupelloser Gegner die Situation nicht zu nutzen wüsste.


    Die Novelle wird getragen von der so fein beobachteten und in wunderbare Sprache gesetzten psychologischen Situation nicht nur der beiden „Hauptdarsteller“. Eine besondere Note bekommt sie für mich durch ihren Zeitbezug: Stefan Zweig war ein von Nationalsozialisten verfolgter Schriftsteller, Dr. B. war Gefangener der Gestapo und wenn man sich bei der Suche nach einer Antwort auf die Frage nach dem „Wie war das möglich?“ mit entsprechender Literatur beschäftigt, werden wohl nicht nur mir Parallelen zwischen dem dort beschriebenen „Mitläufer“ und einem der Duellanten erkennbar. Vielleicht war für Stefan Zweig diese Novelle seine Art der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, war es das, was zu sagen er sich zumuten wollte. Nicht ganz ohne Grund mahnte sein langjähriger Freund Joseph Roth, den Tatsachen ins Auge zu blicken und sich keinerlei Illusionen hinzugeben.


    Stefan Zweig scheint mir ein sehr unterschätzter Autor nach wie vor zu sein. Diesem großen Menschenfreund und -zeichner werde ich immer wieder Lesezeit widmen.

  • Bestimmte Bücher muss man mehrmals lesen. Die Schachnovelle gehört zweifellos dazu.


    Unglaublich, wie man unter Folter auf einem fremden Feld Spitzenleistungen erntet, um zu überleben, und dadurch später einem Champion in seinem Fachgebiet die Stirn bietet, obwohl man dessen Spiel nur theoretisch beherrscht. Was einem zunächst völlig unmöglich vorkommt, beschreibt der Autor so präzise und einleuchtend, dass es dem Leser nicht nur plausibel, sondern sogar alternativlos erscheint.


    Nebenbei erfahren wir, was eine Schreckensherrschaft aus seinen Opfern macht und was es bedeutet, seine Heimat verlassen zu müssen.